Goldman-Sachs-Studie lässt Ölpreis noch tiefer fallen

File photo of a worker examining a pumpjack at a PetroChina oil field in Panjin
File photo of a worker examining a pumpjack at a PetroChina oil field in PanjinREUTERS
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Die Erdöl-Preise befinden sich auf dem tiefsten Stand seit zwei Jahren. Das treibt die Weltwirtschaft an, birgt aber auch große Gefahren.

Das größte Konjunkturpaket für die Weltwirtschaft haben keine ausgabefreudigen Politiker geschnürt - es ist flüssig und wirkt im Hintergrund. Rohöl ist der Treibstoff der Industriegesellschaft - deshalb trug der massive Preisverfall in den letzten Monaten erheblich dazu bei, dass das globale Wachstum nicht noch weiter ins Stocken geriet. Doch was passiert, wenn die Ölpreise unter Druck bleiben?

Die US-Investmentbank Goldman Sachs ist ein "Market Mover", ihre Prognosen bewegen die Kurse an den Finanzmärkten. Wie einflussreich der Wall-Street-Riese ist, zeigte sich am Montag einmal mehr: "The new oil order" heißt die Studie, die den Preis für US-Rohöl Sorte WTI (West Texas Intermediate) kurzzeitig unter die wichtige Marke von 80 Dollar (63,1 Euro) je Barrel (159 Liter) auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren abrutschen ließ.

Ölpreise unter 75 Dollar

Kernaussage der 21-Seiten-Analyse: Die Preise werden weiter fallen, WTI im nächsten Jahr bis unter 75 Dollar. Der Grund: Die Weltwirtschaft ersäuft im Öl - die Nachfrage ist wegen der schwachen Konjunktur zu gering und das Angebot zu hoch. Die USA haben ihre Produktion dank des Fracking-Booms kräftig ausgeweitet und fördern mittlerweile so viel Öl, wie seit mehr als 30 Jahren nicht mehr. Andere Ölnationen, wie die Länder des OPEC-Kartells, verlieren zunehmend an Marktmacht.

Goldmans Rohstoff-Experten stehen mit ihrem Ausblick nicht allein. "Insgesamt sind die Preise noch nicht tief genug gefallen", sagt Expertin Amrita Sen vom Analysten-Haus Energy Aspects. "Die allgemeine Stimmung am Ölmarkt bleibt negativ", pflichtet Commerzbank-Fachmann Eugen Weinberg bei. Was für Spekulanten an den Finanzmärkten negativ ist, muss für die Wirtschaft aber nicht schlecht sein - im Gegenteil.

Weltweite Wirtschaftsleistung steigt

Billiges Öl kommt den meisten Ländern zugute: Einem Modell der Ökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge lässt ein zehnprozentiger Preisrückgang die weltweite Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent steigen. Je günstiger das Rohöl, desto weiter sinken die Produktionskosten vieler Industrieunternehmen. Verbraucher haben mehr Geld zum Ausgeben über, weil sie Sprit- und Heizkosten sparen.

Doch ein Preisverfall kann nicht nur für Länder mit viel Öl - etwa Russland, Venezuela, Saudi-Arabien oder Iran - unangenehme Begleiterscheinungen haben. In der Eurozone, die stark auf Energieeinfuhren angewiesen ist, lassen günstigere Ölimporte die ohnehin schon niedrige Teuerung weiter sinken und verstärken so die Furcht vor Deflation - einem Teufelskreis aus fallenden Preisen und schwacher Konjunktur. Auch in Amerika, auf den ersten Blick größter Profiteur in Goldmans neuer globaler Öl-Ordnung, gibt es nicht nur Gewinner.

Schieferöl-Revolution frisst ihre Kinder

Die Schieferöl-Revolution, die den Preisrutsch erst ermöglicht hat, könnte in den USA bald ihre eigenen Kinder fressen. Denn das Fracking, bei dem tiefliegende Gesteinsschichten angebohrt und das dort lagernde Schiefergas und -öl mit Hilfe von Chemikalien gelöst wird, ist relativ teuer. Bei Ölpreisen von deutlich unter 80 Dollar rechnet sich ein wesentlicher Teil der Produktion nicht mehr. Dann würde der Schieferöl-Boom und damit wohl auch der Absturz der Rohölpreise insgesamt gebremst

(APA/dpa)

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