Stille Nacht: Das volle Programm

(c) Elisabeth Gaggl-Meirer/Osttirolwerbung
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Wo ist Weihnachten noch wirklich Weihnachten? In den Kirchen natürlich. Eine Reise zum großen österreichischen Metten-Kircherl-Contest – inklusive Metten-Packages.

Starten wir unsere Reise auf der Suche nach den urigen Weihnachtsmetten in den östlichsten ländlichen Gefilden Österreichs am Ostufer des Neusiedlersees, in der Nationalparkgemeinde Apetlon.

In der „kleinen Puszta des Seewinkels“ ist mit 114 Metern Seehöhe der tiefste Punkt Österreichs erreicht und eine eigentümliche Sprechweise mit schwer erlernbaren Feinheiten zu entdecken.

In Apetlon spricht man Apetlonerisch – „Obaleounarisch“. Klar, dass die Apetloner mit ihrer eigenen Sprache auch ihre eigenen Lieder singen. Pfarrer Johann Lentsch stimmt sie schon seit vierzig Jahren bei der Christmette an: „Um Mitternacht ist unsere Kirche gesteckt voll und alle singen gemeinsam bei der Mette mit.“

Zur Mette gerufen wird im Burgenland – wie in vielen Gemeinden Österreichs – mittels des traditionellen Turmblasens. Wer sich von den Bläsern in die Kirche geleiten lassen möchte, begebe sich beispielsweise zu der 1347 vom Bischof Albert von Nikomedien geweihten burgenländischen Pfarrkirche Forchtenstein, die mit ihrer heiligen Stiege, einer Nachbildung der Scala Santa in Rom, weltstädtisches Flair ins ehemalige Deutsch-Westungarn bringt.

Weihnachten mit Zusatznutzen

Weihnachten mit wohnlichem Zusatznutzen bietet sich im oberen Waldviertel. Am Weg von Zwettl nach Weitra liegt die Marktgemeinde Großschönau. Dort eröffnet Weihnachten weidlich Gelegenheit zu einem Wohn-Novum. Und zwar: „Weihnachten im Passivhausdorf“. Großschönau wirbt mit besinnlichen Tagen, die auch gleich zur Reflexion über ökologisches Bauen und Wohnen einladen. Und das Beste: Die Mette ist gleich im Vier-Nächte-Package inkludiert.

Erklärter Weihnachts-King unter den Bundesländern ist Oberösterreich. Die Christkindlstadt Steyr hat sich einen Namen damit gemacht, Weihnachten museumsreif gemacht zu haben.

Im „1. Österreichischen Weihnachtsmuseum“ herrscht um den 24. Dezember Hochkonjunktur, und auch der oberösterreichische Wallfahrtsort Christkindl könnte weihnachtlicher nicht sein.

Mittelaltermystik geben sich die Besucher des wohlbekannten Weihnachtsmarktes beim Schloss der Zelkinger und Thürheim in Weinberg bei Kefermarkt hin. Erst Weihnachtsmarkt und dann Mette, in Angesicht zu Angesicht mit dem Kefermarkter Altar, 1490 von Christoph von Zelking in Auftrag gegeben.

Auf Skiern in die Mette

Oder man gleitet in Oberösterreich auf den Brettln, die im Winter die Welt bedeuten, durch die Weihnachtstage und besucht am 24. um Punkt 22 Uhr die Christmette in Gosau am Dachstein. Der 1974 geborene Pfarrer Dirk Fiedler leitet die Toleranzgemeinde im Salzkammergut. Habsburgs Josef II. hatte nach Jahren des Geheimprotestantismus die freie Religionsausübung gewährt – bis heute lebt mit der Kirche im Dorf auch die alpenländische Religionstradition, vor allem zu Weihnachten.

Dem aus der Oberlausitz ins Salzkammergut eingewanderten Pfarrer Dirk Fiedler bedeutet die Weihnachtsmette Vorfreude: „In der Christnacht steht die Freude im Mittelpunkt, der Jubel der Engel, der in den darauffolgenden Tagen in eine Einkehr und Reflexion übergeht.“

Das Wort Christmette ist übrigens eine eingedeutschte Fassung von „Matutin“, dem Nachtgebet der frühen Christen, die sich zu Weihnachten und Ostern versammelten, um gemeinsam betend das Tageslicht zu erwarten.

Im tiefen österreichischen Süden, sprich Kärnten, beginnt die Weihnachtszeit schon am Andreastag, dem 30. November. An diesem Tag wird mit Orakelspielen und speziellen Sprüchen ergründet, wer denn der künftige Lebenspartner sein könnte, dessen Nähe offenbar gerade in den langen kalten Nächten zu Ende des Kalenderjahres gefragt ist.

Fürs Feiern am 24. stehen dann in Kärnten 1000 Kirchen zur Verfügung, für die Mitternachtsmesse mache man sich auf in die mittelalterlich-mystische Architekturkulisse des romanischen Gurker Doms, der seine Erbauung dem Nonnenrefugium der heiligen Hemma verdankt.

Auf 1000 Höhenmetern schmückt sich Liesing im Lesachtal mit dem – Selbstbewusstsein verströmenden – Attribut „naturbelassenstes Tal Europas“. Das „Les“ im Lesachtal stammt übrigens vom slowenischen Wort für Holz und weckt Assoziationen zur hochgelegenen Waldlandschaft. Jedenfalls ist die Mette im Lesachtaler Liesing wegen ihres Musikprogramms zu empfehlen. Maria Saal, Maria Wörth und Heiligenblut sind ebenfalls Fixstarter beim schönste Metten-Kircherl-Contest.

Und wenn man sich schon das volle Weihnachtsbrauchtumsprogramm inklusive Mettenvisite reinzieht, dann sei auch noch an das in den Raunächten zu Jahresende übliche Räuchern der eigenen Wände erinnert, bevor man sich auf die Suche nach der ländlichen Krippenidylle begibt. Ganz gleich aber, wohin die weihnachtlichen Reisewege auch führen, und in welcher Mette der Stimmungstrip stattfindet – immer ist sicherzugehen, dass das literarische Reisegepäck gegen Jahresende gut geschnürt ist, zum Beispiel mit einem fröhlich stimmenden Mitreisenden: „Der Weihnachtshund“ des österreichischen Journalisten und Autors Daniel Glattauer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2008)

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