Anja Richter: Salto vorwärts in die Politik

(c) APA (Georg Hochmuth)
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Anja Richter wird Referentin für Spitzensport im Darabos-Kabinett. Ihr „Neustart“ wird auch von Kritik begleitet.

WIEN. Das Thema Sport spielte in der Nationalratswahl kaum eine Rolle und führte dazu, dass das im Bundeskanzleramt angesiedelte Sport-Staatssekretariat aufgelöst wurde. Die Agenden wanderten in das Verteidigungsministerium zu Norbert Darabos, und die Suche nach einem geeigneten Sektionschef respektive profundem Personal mit Kompetenz und Fachwissen sorgte sowohl bei Sportverbänden als auch eingesessenen Sport-Beamten des Landes für größere Unruhe.

Viele Namen machten die Runde in der (begehrten) Postenbesetzung, die Würfel sind nun gefallen. Wolfgang Gotschke, bereits Sport-Referent im Kabinett des Verteidigungsministers, wird Büroleiter der Sektion Sport. Ihm zur Seite stehen jeweils ein Vertreter für Spitzen- und einer für Breitensport. Dem Breitensport Ansehen verschaffen soll der ehemalige Askö-Marketingmann Marcel Chahrour, im Spitzensport wird ab 1. Jänner Anja Richter den Minister beraten.

Für die Wienerin, 31, spricht ihre langjährige Erfahrung als Spitzensportlerin. Sie gewann 35-mal die Staatsmeisterschaft im Turmspringen, EM-Silber und -Bronze, zuletzt war sie auch bei den Olympischen Spielen in Peking am Start. Auch verfügt die Zeitsoldatin und Absolventin der Fachhochschule für Kommunikationswirtschaft über PR-Kenntnisse (Pressesprecherin des Schwimmverbandes, Euro 2008 in Wien) und gewisses Organisationsgeschick. Als Union-Schwimmerin besitzt das Mitglied im Askö-Präsidium offensichtlich auch ein gutes Kontaktnetz. Und wer ihren Ehrgeiz als Sportlerin kennt, weiß auch um ihr Engagement Bescheid. Sie will „etwas bewegen“, daher wagt sie den Salto vorwärts ins Politbecken.

Frage der Haltungsnoten

Aus manchen Verbänden, Vereinen und Sportorganisationen sind jedoch bereits vor ihrem Amtsantritt harsche Töne zu vernehmen. Kann sie Seilschaften oder Lobbying richtig deuten? Darin sichten Insider ein Manko. Und, ist die vom Bundesheer unterstützte und von Top-Sport Austria/Sporthilfe geförderte Athletin auch als Funktionärin in der Lage, Ansuchen und Neuerstellung der Sportförderung mit dem Verteidigungsminister richtig zu gewichten? Kann sich die in Peking als „Team-Mama“ gefeierte Athletin gegen Schwergewichte der Sportpolitik durchsetzen? Einmal mehr kommt in ihrer Karriere der Haltungsnote große Bedeutung zu.

Dass Anja Richter die Probleme des österreichischen Sports sowie die vom politischen Farbenspiel geprägten Hintergründe bekannt sind, daraus macht die Wienerin seit Jahren kein Geheimnis. Sie stellt sich dieser Herausforderung. Es liegt an ihr, im Großraumbüro des „Hauses des Sports“ die Weichen richtig zu stellen.

ZUR PERSON

Anja Richter
* 5. Oktober 1977 in Wien, Familienstand: geschieden

Die Turmspringerin wagt nach 35 Staatsmeisteriteln und vier Olympischen Spielen den Sprung ins Polit-Becken. Ab 1. Jänner ist sie Referenten für Spitzensport im Kabinett von Minister Norbert Darabos.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2008)

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