Alexej Miller: Der treue Diener seines Herrn

Alexej Miller
Alexej Miller(c) EPA (SERGEI CHIRIKOV)
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Alexej Miller agiert unauffällig an der Spitze der Gazprom. Ganz im Sinne seines Erfinders Wladimir Putin.

Moskau. Wenn mächtige Männer miteinander reden, klingt das so: Was denn Gazprom vorschlage, nachdem die Ukraine illegal Gas abgezapft habe, wollte Russlands Premier Wladimir Putin von Gazprom-Chef Alexej Miller wissen. „Das Liefervolumen kürzen“, antwortete dieser. „Gut“, replizierte Putin: „Ich bin einverstanden, kürzen Sie es von heute an.“

Wer lange zusammen arbeitet, versteht sich aufs halbe Wort, sagt der Russe. Miller ist alles andere als redselig. Nicht unherzlich, aber eher ernst. Sparsam mit Emotionen. Lediglich als er seinem Konzern in etwa sieben Jahren Platz eins mit einer Kapitalisierung von einer Billion Dollar voraussagte, huschte ein Lächeln über seine Lippen. Gekränkt reagierte er, als er Europa erklärte, dass es mit Protektionismus gegen Gazprom „am Ast sägt, auf dem es sitzt“.

Miller selbst sitzt auf dem höchsten Wirtschaftsposten des Landes. Mit 400.000 Mitarbeitern ist Gazprom ein Staat im Staat. Selbst wenn der größte Gasproduzent der Welt durch die Finanzkrise drei Viertel des Marktwertes eingebüßt hat: Europa hängt genauso an seinem Tropf wie das russische Staatsbudget.

Gazprom nach langem Missmanagement auf Vordermann und wieder unter die Fittiche des Kremls zu bringen, eigennützige Manager abzusetzen und den Konzern zum internationalen Energiemulti aufzubauen – so hatte Putins Auftrag gelautet, als er den heute 46-jährigen Vater eines Sohnes 2001 zum Chef machte. Dass die Wahl auf Miller fiel, erklärte Putin mit „Vertrauen“. Er war einer der wenigen Freunde Putins. Mit ihm hatte Putin im Petersburger Stadtkomitee für wirtschaftliche Auslandsbeziehungen gearbeitet. Dass der Mann mit dem rötlichen Schnurrbart auch wie Putin beim KGB war, bleibt unbewiesene Spekulation. Treue müssen sich die beiden jedenfalls geschworen haben, denn Miller wich nicht mehr von Putins Seite.

Führungserfahrung in kleineren Firmen prädestinierte Miller nicht für den Gasriesen. Miller war eher der typisch neurussische Beamte: Nach der Schule höhere Bildung am finanzökonomischen Institut in Leningrad. Danach Arbeit im wissenschaftlichen Forschungsinstitut für Bauprojektierung. Überall erhält der schüchtern wirkende Mann beste Bewertungen. Er habe immer freundlich gegrüßt, erzählen ehemalige Mitarbeiter: Vor allem sei er obrigkeitshörig.

Bei Gazprom wuchs Miller mit der Aufgabe, tauschte mächtige Figuren aus der alten Führung gegen enge Vertraute. Er quält sich mit starren zentralasiatischen Lieferanten, die ihr Gas nicht billig an Gazprom verhökern wollen. Er hofiert seine deutschen Lieblingspartner, mit denen er neuerdings gemeinsam in Ostsibirien fördern will. Und er dreht widerspenstigen Abnehmern den Gashahn zu, wenn dies für gut befunden wird.

Miller arbeitet Tag und Nacht, wird erzählt. Wenn sein Vertrag 2011 ausläuft, ist der schwer nierenkranke Miller gerade 49 Jahre alt. Entscheidend ist aber, wann Mentor Putin in Pension geht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2009)

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