GM und Ford verkaufen das Tafelsilber

Schrumpfkur: In Detroit kann man von prächtigen Repräsentationsbauten nur träumen.

Sparzwang ist, wenn man zum ohnehin schon unangenehmen Senats-Hearing statt mit dem eigenen Jet per Auto anreisen muss. Eine winzige Geste der Demut an die empörte Öffentlichkeit, die finanziell aber kaum einen Unterschied macht: Angesichts der Milliardenverluste von GM und Ford fallen ein paar Millionen Dollar kaum ins Gewicht. Oder doch?

Besorgt hat man vernommen, dass sich das GM Heritage Center, das Konzernmuseum, derzeit von hunderten Preziosen trennt. Bei Auktionen in mehreren US-Bundesstaaten gelangen jahrzehntelang gehütete Exponate unter den Hammer; es ist die Stunde der Sammler mit Cash-Reserven.

Kleingeldbeschaffung, aber mit Symbolcharakter: Der Markengigant GM, bis vor Kurzem der Welt größter Autohersteller, schrumpft, und zwar nicht nur finanziell. Außenposten des Imperiums werden stillgelegt oder veräußert. Oldsmobile ist schon länger Geschichte, Lincoln wird demnächst beigesetzt, und Buick ist gefährdet. Von Besitztümern in Übersee hat GM schon Beteiligungen an Suzuki abgestreift, Saab wollte man der schwedischen Regierung schmackhaft machen (die lehnte dankend ab). Die Entkoppelung der deutschen Opel-Tochter war noch nie so wahrscheinlich wie dieser Tage, auch wenn das für die Weltmarke GM fast einem Genickbruch gleichkäme.

Geschichte wiederholt sich

Nicht viel besser läuft es bei Ford: Aston Martin, Jaguar und Land Rover ist man schon losgeworden, die Marken Volvo und Mazda würde man ebenfalls lieber heute als morgen zu Geld machen. Geht also demnächst die Welt unter?

Vielleicht, doch historisch gesehen, wäre ein breiter Niedergang der US-Autoindustrie noch kein großes Malheur.

Die englische Autoindustrie, die einst größer war als die deutsche, französische und italienische zusammen, hat zur kompletten Selbstauflösung nur wenige Jahrzehnte benötigt. Die Geschichte wiederholt sich: Von Staatshilfen in Milliardenhöhe bis zur kompletten Verstaatlichung (und nachfolgenden Totalpleite) war alles im Programm. Von den hunderten prächtigen britischen Marken sind eine Handvoll übrig geblieben, und die in ausländischer, schlimmer noch: größtenteils deutscher Hand: Bentley, Rolls-Royce und Mini. Die Rover-Fabriken haben die Chinesen zu sich nach Hause verschifft. Und dieses weitflächig deindustrialisierte England lebt immer noch. Dank seines großartigen Finanzsektors. tv

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2009)

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