Wohntrends: Vorsicht bestimmt den Kurs

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Wohnung oder Haus? Miete oder Eigentum? Die Krise beeinflusst, geringfügig aber doch, die Entscheidungen in Wohnfragen. Wohin sich der Markt entwickelt.

Sicher ist sicher: Ein Motto, das jahrelang nur zum Gähnen animierte, versprüht in Zeiten wie diesen gänzlich neuen Charme – nicht zuletzt, wenn es um die eigenen vier Wände geht. Vorsichtig, risikobewusst, eine Spur zögerlicher als sonst: So verhalten sich die Österreicher derzeit, auch wenn es um Miete und Kauf von Wohnungen oder Häusern geht. Zu diesem Ergebnis kamen Maklerunternehmen und Plattformen, die sich mit Nachfrage, Angebot und Trends auf den heimischen Immobilienmärkten in den vergangenen Monaten beschäftigen. Die Krise hinterlässt zwar erste Spuren, „gravierende Auswirkungen bleiben aber vorerst aus“, lautet beispielsweise das Fazit der Raiffeisen Immobilien Vermittlung (RIV), die sich mit den Entwicklungen in Ostösterreich auseinandersetzte. Bei der Maklerfirma s Real, die gemeinsam mit der Plattform Immobilien.net Trends präsentierte, ist man ebenfalls nicht beunruhigt. Auch wenn manche bei Immobilienentscheidungen zuwarten, geplante Käufe zugunsten eines Mietobjekts ad acta legen oder nun doch ein wenig länger im bisherigen Heim bleiben möchten: „Mittel- und langfristig ist das Marktpotenzial groß“, sagt sReal-Geschäftsführer Michael Pisecky, nicht zuletzt im Hinblick auf die prognostizierten Bevölkerungsentwicklungen. Insgesamt würde die Krise bereits bestehende Trends verstärken, so Pisecky: Lage und Qualität werden noch wichtiger, Gleiches gilt für die Infrastruktur. Und die Ballungsräume wachsen weiter, ländliche Regionen hingegen verlieren an Attraktivität. Weitere Trends:


•Preise bleiben stabil: Keine großen Schwankungen in Sicht! So lautet ein einhelliges Ergebnis der Marktanalysen. Auch wenn in gewissen Segmenten – beispielsweise bei Einfamilienhäusern in ländlichen Regionen, Wohnungen in schlechten städtischen Lagen – die Preise sinken, verhält sich der große Rest stabil. Und Wohnungen sowie Häuser, bei denen vieles oder gar alles passt, werden, egal ob in Miete oder im Eigentum, weiterhin teurer – die Preisanstiege dürften allerdings weniger rasant als in den vergangenen Jahren ausfallen, wie RIV-Geschäftsführer Christoph Petermann prognostiziert.

•Grundbuch statt Sparbuch: Dass die Preise nur geringfügig von der Krise tangiert werden, liegt nach Meinung der Experten nicht zuletzt daran, dass die Nachfrage nach Immobilien als Anlageform wächst. „Weg von Finanzwerten, hin zu Sachwerten“, beschreibt Pisecky die Richtung, die speziell private Kleinanleger nun einschlagen. Gefragt seien vor allem Eigentumswohnungen, die sich gut vermieten lassen. Grundbuch statt Sparbuch, das sieht auch Petermann als das Schlagwort der nächsten Monate, „vielleicht sogar für das gesamte Jahr 2009“. Der Nachfragerückgang, der sich infolge der Finanzkrise bemerkbar machen könnte, würde durch den Trend zur Immobilie als Anlageform ausgeglichen werden. „Sicher ist sicher“ gilt aber auch hier: Mehr Risikostreuung beobachtet etwa RIV-Geschäftsführer Peter Weinberger. „Wer in den Vorjahren ein Objekt um 600.000 Euro als Investment erwarb, kauft nun eher zwei um jeweils 300.000 Euro.“


Trend zur Miete: Auch wenn sich die Österreicher grundsätzlich am liebsten als Immobilienbesitzer sehen: Die Nachfrage nach Mietobjekten nimmt zu. Dafür ist die Krisenstimmung nur zum Teil verantwortlich, der generelle Trend zeichnet sich schon länger ab. Vorsicht oder der schwierigere Zugang zu Krediten, um Eigentum zu finanzieren, sind die eine Sache, sich ändernde Lebensverhältnisse eine andere. „Hier geht es um Flexibilität im allgemeinen Sinn“, meint Pisecky. Viele wollen sich nicht für lange Zeit binden – sei es an eine bestimmte Wohnung, ein gewisses Haus oder an eine Kreditlaufzeit von 20 Jahren. Einen Sinneswandel hin zur Miete ortet Weinberger auch bei den Eigentümern von Immobilien, die sie selbst nicht nutzen. Immer öfter entscheiden sie sich dafür, ihr Objekt an Mieter zu übergeben anstatt es zu veräußern oder leer stehen zu lassen. „Schließlich ist die Wertminderung durch Leerstand deutlich höher als jene durch die Abnützung im Zuge der Vermietung.“

•In die Stadt oder rundherum: Das Landleben lockt immer weniger Österreicher. Wenn es sie nicht in Bundes-, Landes- oder Bezirkshauptstädte zieht, dann soll es zumindest deren Speckgürtel sein. Das Interesse am Zweitwohnsitz im idyllisch-ländlichen Bereich nimmt ebenfalls ab; noch eine Immobilie – das ist in Zeiten gesteigerten Risikobewusstseins für viele eine Belastung zu viel. In Wien konzentriert sich die Nachfrage auf die bekannt-beliebten Bezirke, als aufstrebende Gegenden nennt Petermann Teile des dritten und vierten Bezirks. Alles in allem blicken die Fachleute optimistisch in die Zukunft. „Im Vergleich zu anderen Branchen wird der Immobilienbereich recht gut abschneiden“, meint etwa Pisecky. „Weil sich die Menschen wieder auf die eigenen vier Wände konzentrieren, sowohl was den Eigenbedarf als auch ein Investment betrifft.“

AUF EINEN BLICK

Risikobewusst, vorsichtig, bei Entscheidungen etwas zögerlicher als zuletzt: So reagieren die Österreicher laut Marktanalysen auf die Wirtschaftskrise.

Auswirkungen: Bestehende Trends verstärken sich (Lage und Qualität werden immer wichtiger), Immobilien als Anlageform attraktiver, genauso die Miete als Alternative zum Eigentum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2009)

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