Passivbau: Wer muss am Pol schon heizen?

Das hoechstgelegene Passivhaus in hochalpiner Lage, das Schiestlhaus am Hochschwab
Das hoechstgelegene Passivhaus in hochalpiner Lage, das Schiestlhaus am Hochschwab(c) APA (POS ARCHITEKTEN)
  • Drucken

Die Methoden der Passivbauweise haben bereits die Antarktis und den hochalpinen Raum erobert. Hierzulande sind derzeit Sanierung und Vorfertigung wichtige Themen.

Minus 55 Grad Jahresdurchschnittstemperatur, Windgeschwindigkeiten von bis zu 327 Stundenkilometern. Allein beim Anblick dieser Zahlen ist man versucht, die Heizung ein wenig höherzudrehen. Und doch soll die kürzlich eröffnete belgische Forschungsbasis „Prinzessin Elisabeth“ am Südpol ohne separates Heizsystem auskommen. Wärme und Strom liefern lediglich Sonne und Wind – möglich wird dies durch Methoden, wie sie beim Passivhaus verwendet werden: Wärmeverluste werden durch eine dichte Außenhülle vermieden, sogar die Form der Fenster hilft dabei, Energie zu sparen. Für den Entwickler, den belgischen Forscher und Ingenieur Alain Hubert, bedeutet dies: „Wenn es dort geht, geht es überall.“ Wermutstropfen des ambitionierten Baus: Er kostete mehr als das Dreifache der im Jahr 2007 veranschlagten sechs Millionen Euro.

Hoch oben

Eine Spur weniger exponiert liegt ein Gebäude, das dank derartiger Methoden ebenfalls nahezu energieautark funktioniert: Am Fuße der Dufourspitze, des höchsten Gipfels der Schweiz in den Walliser Alpen, baut man gerade auf 2883 Metern Seehöhe an der „Neuen Monte Rosa-Hütte“. Und das vergleichsweise günstig: Die Kosten sind mit rund 4,3 Millionen Euro veranschlagt.

In gemäßigteren Gefilden muss man sich keine Gedanken machen, ob die Schneestürme auf der Baustelle zu heftig werden oder der Transporthubschrauber gut über den Gletscher kommt. Und auch vor den Kosten muss man sich mittlerweile nicht mehr fürchten. Es fallen nur zwei bis fünf Prozent mehr als beim herkömmlichen Bau an, sagt Günter Lang, Geschäftsführer der IG Passivhaus. Ein Grund dafür: „Das Passivhaus ist zwar noch nicht der Standard hier, aber mittlerweile etabliert“, erklärt der Experte. 4150 Gebäude, in denen an die 25.000 Österreicher wohnen oder arbeiten, gibt es mittlerweile. Vorbei sind auch die Zeiten, in denen Bauherren nach Fachleuten und Produkten suchen mussten wie nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen. Vielmehr sei es nun eine Herausforderung, aus der Fülle an Angeboten das passende zu wählen: „Die Qualitätssicherung ist nun ein wichtiges Thema.“ Dabei helfen soll eine Norm, an der gerade gearbeitet wird und die „hoffentlich noch heuer in Kraft tritt“.

An der Behaglichkeit feilen

Weitere wichtige Einsatzgebiete sehen Experten in der Sanierung von Altbauten auf Passivhausstandard sowie im großvolumigen Wohn- und Bürobau. Gearbeitet wird derzeit auch an der Vorfertigung von Elementen. Das ermögliche nicht zuletzt eine Reduktion der Baustellenzeiten, sagt Christian Steiner, Geschäftsführer von So(u)l Network – Ökosolares Planen & Bauen GmbH. Für ihn ein wichtiges Thema: die Wohnqualität. „Zuerst zählten die technischen Werte, dann kam die Architektur.“ Nun sei es an der Zeit, kleine Schwächen auszumerzen, „an der Behaglichkeit im Innenraum zu feilen, etwa der Luftfeuchtigkeit“, meint Steiner.

Die Ökologie der Passivhäuser ist für Architektin Sabine Bartscherer wesentlich. Das betrifft einerseits das verdichtete Bauen, „damit man von seinem Passivhaus nicht täglich 100 Kilometer zur Arbeit und zurück fahren muss.“ Der Einsatz ökologischer Baumaterialien wie Lehm und Stroh sei noch eine finanzielle Frage. Zwar werde auch in diesem Bereich schon an vorgefertigten Elementen gearbeitet, „zurzeit ist aber noch Eigenleistung gefragt, wenn das nicht zu teuer werden soll“.

TIPPS & LINKS

Für Häuslbauer: Vorträge und Workshops gibt es bei der Messe Bauen & Energie (noch bis 22. Februar), www.bauen-energie.at.

Für Sanierer: Infos über Förderungen (auch Passivhausstandard), www.wohnfonds.wien.at

Für die Kleinen: Buchtipp: „Wir bauen uns ein Sonnenhaus“, 14,50 Euro, www.aap.or.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.