Im Karmann-Ghia oder Käfer-Cabrio in die Tramuntana

Feinsinnige Urlauber mieten für den Inselurlaub Oldtimer, darunter auch Cabrios.

Dreihundertfünfzig Euro, plus Mehrwertsteuer, um einen Tag in einem feuerroten Triumph TR6, Baujahr 1976, über die Landstraßen von Mallorca zu cruisen – die Kosten fürs Benzin nicht eingerechnet? Auf den ersten Blick mag dies kostspielig erscheinen. Vor allem, wenn man es mit den Mietpreisen der üblichen Autovermietungen vergleicht, die in der Nebensaison bei sechs Euro pro Tag für einen Kleinstwagen anfangen. Wer sich jedoch ein wenig mit „Youngtimern“ auskennt, kann den Preis richtig einordnen – er ist keineswegs zu hoch angesetzt.

Cesar Bravo, 32, ein gebürtiger Katalane, hat im vergangenen Jahr die erste Autovermietung für Selbstfahrer auf Mallorca gegründet, die ausschließlich Classic Cars im Angebot hat. Abgesehen davon, dass die Anschaffungskosten für diese edlen Karossen weit höher liegen als die eines VW Polo oder eines Fiat 500, sind diese Gefährte auch weit anfälliger für Reparaturen und bedürfen wesentlich mehr Pflege als moderne Kleinwagen. „Fehlt ein Ersatzteil, kann man es leider nicht einfach beim nächsten Händler abholen, es muss oft im Ausland bestellt werden. Und dann warten wir auf die Lieferung – während dieser Zeit kann das entsprechende Auto nicht vermietet werden“, schildert Bravo die Misere.

Zum Glück ist sein Bruder Mechaniker, so spart man immerhin einiges an Werkstattkosten. Im „früheren Leben“ war Bravo erfolgreicher Basketballspieler bei mehreren Profi-Teams in Spanien. Vor zwei Jahren dann – Bravo spielte für Menorca in der zweiten Division – kam die Krise. Für Basketball war plötzlich kein Geld mehr da.

Klassiker unterm Olivenbaum

Da besann sich der gebürtige Barceloner auf seine Leidenschaft für Autos, besonders für klassische Automobile. Die acht Schmuckstücke, die Bravo kaufte, stehen zurzeit unter alten Olivenbäumen in der Finca seiner Freundin in der Nähe des Flughafens.

Bravo kaufte seinen Fuhrpark aus Valencia, Girona, Mallorca und Großbritannien zusammen – alle Gefährte stammen von Privatleuten. Da wäre ein roter VW Buggy aus dem Jahr 1967, der zur ersten Generation Buggies in Europa gehört. Ihn kann Bravo – im Gegensatz zu einigen anderen Wagen – mit seinen langen Beinen sogar selbst fahren. Der Triumph TR6 ist knallrot und ein Zweisitzer, Baujahr 1976.

Rot ist auch das VW-Käfer-Cabrio aus dem Jahr 1971. Bei ihm hofft Bravo auf österreichische Kunden, die eine nostalgische Mallorca-Rundfahrt unternehmen möchten und sich vielleicht an vergangene Urlaube erinnern, als Mallorca noch eine unverfälschte Mittelmeerinsel war. Ein spanisches Fabrikat für kernige Burschen ist der Jeep Willys, Baujahr 1974, in Tarngrün. Ein eleganter Karmann-Ghia, Baujahr 1971, hat gerade Motorschwierigkeiten und ist noch in Reparatur.

Da Bravo noch keinen Werbeetat und auch keine guten Verbindungen zu den Hoteliers der Insel hat, lief die Vermietung im ersten Jahr eher schleppend an. „Wenn Touristen einen Flyer in die Hand gedrückt bekommen, auf dem ein paar schöne Autos abgebildet sind, sagen sie ,Oh ja, ok, fein‘, und werfen ihn in die nächste Mülltonne“, ist sich der Jungunternehmer sicher.

Etwas völlig anderes wäre es, eines der Gefährte direkt in Augenschein zu nehmen und anfassen zu können. „Dafür bräuchte ich einen Showroom in Palma“, sinniert Bravo. Doch erstens wären solche Showrooms in guter Lage sehr schwer zu bekommen, und zweitens nicht in seinem Budget.

Packages mit Hotels

Jetzt ist Bravo dabei, Hoteliers davon zu überzeugen, Pakete mit Übernachtungen und Classic Car inklusive zu schnüren. „Die meisten wissen ja noch gar nicht, dass es mich gibt“, beschreibt er sein größtes Problem. Doch vielleicht wird die nächste Saison ja besser.

Fahren kann die Youngtimer jeder, der einen Autoführerschein hat. In einer kurzen Einführung erklärt Bravo die Besonderheiten des jeweiligen Fahrzeugs – besonders das Starten will geübt sein. Beim Triumph muss man dabei den Motor rund eine Minute bei einer bestimmten Drehzahl warm laufen lassen, ehe man losfährt.

Die Touren in romantische Inseldörfer wie Costitx oder Algaida auf den echten Ledersitzen werden zu Erlebnissen. Wenn man auf dem Dorfplatz parkt, bleiben ältere Männer mit ihrem Baguette unter dem Arm stehen, um erst mal „mira que bueno“ zu rufen und sich dann begeistert nach den Details des Wagens zu erkundigen.

Das einprägsamste Erlebnis sind jedoch die Fahrten ins Inselinnere, speziell ins Tramuntana-Gebirge, wo die Sportwagen – und die Lenker – auf den kurvigen, schmalen Straßen zeigen können, was sie immer noch drauf haben. Die Fotos, die dann entstehen, rechtfertigen den Mietpreis doppelt und dreifach. Cesar Bravo weiß darum, hat aber noch einen Rat für zukünftige Fotografen: „Mit einer hübschen und cool angezogenen Frau machen diese Wagen noch wesentlich mehr her“. Auf Anfrage könne er da übrigens gerne eine attraktive Mallorquinerin vermitteln. mallorcadriving.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2014)

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