Deutschland: Wackelt Kölner U-Bahn-Projekt?

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Zwei Menschen werden nach dem Einsturz des Stadtarchivs noch vermisst. Das vierstöckige Archivgebäude in der Severinstraße und zwei benachbarte Wohnhäuser stürzten am Dienstag ein.

Köln (ag). Nach dem Einsturz des Historischen Stadtarchivs in Köln wurden nicht nur die Arbeiten am U-Bahn-Bau vorübergehend eingestellt, das gesamte Projekt wird nun in Frage gestellt. „Ich halte das eigentlich jetzt fast für unverantwortlich“, sagte Oberbürgermeister Fritz Schramma im ARD-Morgenmagazin.

Das vierstöckige Archivgebäude in der Severinstraße und zwei benachbarte Wohnhäuser stürzten am Dienstag ein. Weil Geräusche das Unglück angekündigt hatten, konnten sich die Mitarbeiter und Nutzer des Archivs in letzter Minute retten, auch Bewohner der Nachbarhäuser konnten fliehen.

Am Mittwochnachmittag wurden noch immer zwei Menschen vermisst. Der Boden unter dem Gebäude war in den U-Bahn-Schacht der Baustelle für die neue Nord-Süd-Bahn gerutscht. Ein zwölf Meter tiefer Krater klaffte an der Unglücksstelle. Überreste der beiden benachbarten Häuser drohten hinunterzufallen.

Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt eingeleitet. Schon vor einiger Zeit waren im Archivgebäude Risse im Keller aufgetreten, das Haus hatte sich sogar um elf Zentimeter geneigt. Allerdings hatte erst im Dezember ein Gutachten bestätigt, dass die Risse die Statik nicht gefährden würden und der U-Bahn-Bau vorangetrieben werden konnte. Die Kölner Verkehrsbetriebe wollen nach wie vor das Projekt durchziehen.

Schätze sind verloren

Bei den Historikern des Archivs herrscht Untergangsstimmung: Unikate aus dem Mittelalter, Handschriften, kaiserliche Sigel sowie der Nachlass Heinrich Bölls ist verloren. Die Leiterin geht davon aus, dass fast alle Bestände vernichtet wurden. Der Schaden in einer der bedeutendsten Archiv-Sammlungen Europas stehe noch längst nicht fest, aus den Trümmern könne nur ein geringer Teil gerettet werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2009)

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