Spar wurde wegen Preisabsprachen bei Molkereiprodukten nicht rechtskräftig zu einer Geldstrafe von drei Mio. Euro verurteilt – und sieht das Urteil dennoch als einen „Teilerfolg“.
Wien. Sprechen über Verkaufspreise müsse erlaubt sein, das ist das Mantra von Spar-Chef Gerhard Drexel im Konflikt mit der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), die der Supermarktkette Preisabsprachen vorwirft. Jetzt hat Spar die Rechtssicherheit, die laut Drexel die Motivation dafür war, den Konflikt mit der BWB vor Gericht auszutragen, statt sich, wie Rewe, auf ein Settlement (und damit ein Schuldeingeständnis) mit Bußgeldzahlung zu einigen.
Am Mittwoch wurde Spar – nicht rechtskräftig – zu drei Mio. Euro Strafe wegen Preisabsprachen mit Lieferanten verurteilt. Das Teilurteil des Kartellgerichts betrifft nur Absprachen bei Molkereiprodukten. Es ist noch ein zweites Verfahren anhängig, das 16 weitere Produktgruppen betrifft, wegen bis dato fehlender Beweismittel gibt es in diesem Fall aber kein Urteil. Ebenfalls im Gange ist ein separates Verfahren, in dem es über Preisabsprachen mit Bierlieferanten geht.
„Waren subtilere Absprachen“
Richterin Anneliese Kodek begründete das Urteil damit, dass Spar „Preismoderation“ betrieben habe, indem die Lieferanten dazu genötigt wurden, Verkaufspreisempfehlungen abzugeben, die keineswegs unverbindlich waren. Spar habe von den Lieferanten erwartet, dass diese Konkurrenten wie Hofer oder Billa dieselben Preisempfehlungen vorgeben, wodurch die Endverkaufspreise beeinflusst und auf dem gleichen (höheren) Niveau gehalten werden sollten. „Das waren keine klassischen Absprachen, sondern subtilere, aber mit dem gleichen Zweck“, so die Richterin.
Spar wertete in einer Aussendung das Urteil als „Teilerfolg“, weil damit klar werde, dass „durch das Beschreiten des Rechtsweges keinerlei Schlechterstellung für das betroffene Unternehmen entstehen darf“. Tatsächlich betonte die Richterin, dass man sich bei der Bemessung des Strafrahmens für Spar am Bußgeld für Rewe orientiert habe. Es solle nicht der Eindruck entstehen, dass Spar dafür bestraft werde, dass die Angelegenheit vor Gericht ausgetragen werde. Rewe hatte zwar mit 20,8 Mio. Euro deutlich mehr zahlen müssen, allerdings waren auch 20 Produktgruppen betroffen und nicht nur eine, wie bisher bei Spar. Ob Spar gegen das Urteil in Berufung gehen wird, steht noch nicht fest. Der Lebensmittelhändler will abwarten, bis das schriftliche Urteil eingeht. Das soll noch vor Weihnachten geschehen.
Die Richterin äußerte sich auch zur Frage, ob Spar sich „unkooperativ“ verhalten habe, als man bei der ersten Hausdurchsuchung der BWB im Jänner 2013 Unterlagen versiegeln hatte lassen. Der Fehler läge bei der BWB, nicht bei Spar, urteilte Kodek. Die Wettbewerbsbehörde hätte mit der Hausdurchsuchung nur zwei Monate warten brauchen, dann wäre eine Gesetzesnovelle in Kraft getreten, die eine Totalversiegelung von Dokumenten verbietet. Bei der BWB heißt es auf Nachfrage, man habe aus „Ressourcengründen“ den früheren Termin gewählt.
Mit Beschwerden abgeblitzt
An einer anderen Front der Auseinandersetzung mit der BWB hat Spar indessen eine Niederlage erlitten. Spar hatte gegen Hausdurchsuchungen im August 2013 in Kärnten und Salzburg wegen des Verdachts von Absprachen mit der Brauereiwirtschaft Beschwerden eingebracht; damals wurde unter anderem Software zur Untersuchung von Computern eingesetzt, von Spar als „Spionage-Software“ kritisiert. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun entschieden, dass damals „jedenfalls keine offenkundige Überschreitung des richterlichen Befehls“ vorlag, die allein das Verwaltungsgericht aufzugreifen hätte. Die Behörde habe bloß versucht (übrigens ohne Erfolg, Anm.), „forensische Computerprogramme zu verwenden, um eine große Datenmenge schnell und effizient sichten zu können, war also grundsätzlich bestrebt, Störungen auf das unvermeidbare Maß zu beschränken“. Spar kann dagegen noch den Verwaltungsgerichtshof anrufen; eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ist anhängig. Mit einer Eingabe beim Bundesverwaltungsgericht hat Spar Recht bekommen: Die Datenschutzbehörde hat demnach nicht ausreichend erhoben, ob damals der Datenschutz verletzt wurde.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2014)