Euro: EZB verschiebt Gelddrucken auf 2015

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Alles bleibt niedrig: Inflation, Leitzinsen und Wirtschaftswachstum. Die EZB macht trotzdem erstmal nichts – und will im Jänner wieder über mögliches Quantitative Easing beraten.

Frankfurt/Wien. Er kam, sah – und tat nichts. Wieder einmal. EZB-Chef Mario Draghi enttäuschte am Donnerstag die Märkte. Die EZB will die Entwicklung der Ölpreise, die in Europa auf die Inflationszahlen drücken, beobachten – und die gesamtwirtschaftliche Lage. Erst Anfang kommenden Jahres will man im Direktorium der Europäischen Zentralbank über weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Märkte beraten. Dabei liege Quantitative Easing (QE) weiterhin auf dem Tisch, sagte Draghi nach der Zinssitzung am Donnerstag – bei der der Leitzins wie erwartet nahe dem Nullpunkt belassen wurde.

Draghi betonte ebenso, dass weder QE noch der mögliche Kauf von Staatsanleihen durch die Zentralbank einen einstimmigen Beschluss benötigen würde – aber auch, dass man QE so gestalten könne, dass ein einstimmiger Beschluss möglich wäre. Innerhalb des EZB-Direktoriums gilt Jens Weidmann, der Chef der Deutschen Bundesbank, als Hardliner, der weiteren Lockerungen der Geldpolitik im Weg steht.

Die EZB hatte ihre Bilanzsumme bis 2012 durch verschiedene Maßnahmen wie langfristige, superbillige Kredite an Banken auf rund drei Billionen (3000 Milliarden) Euro ausgeweitet. Die Bilanzsumme gibt Aufschluss darüber, wie viel Geld eine Zentralbank von sich aus in die Märkte pumpt. Nach 2012, als die Eurokrise abflaute, war die Bilanzsumme wieder um rund eine Billion gesunken – weil die Banken ihre Kredite zurückgezahlt hatten. Jetzt will die EZB wieder das Ziel von drei Billionen erreichen – auch, um eine drohende Deflation zu vermeiden.

Niedrige Inflation

Dabei werde die Inflation auch im nächsten Jahr wieder niedrig ausfallen. Heuer wird sie im Euroraum laut EZB auf 0,5 Prozent sinken. Der geringe Preisauftrieb werde bis mindestens 2016 anhalten, so Draghi. Die Notenbank erwartet nun für 2015 eine Jahresteuerung von 0,7 Prozent und für 2016 eine von 1,3 Prozent. Im September hatte die Notenbank noch eine Inflationsrate von 0,6 Prozent für 2014, von 1,1 Prozent für 2015 und von 1,4 Prozent für 2016 vorhergesagt.

Die EZB senkte auch ihre Wachstumsprognose für dieses und das kommende Jahr deutlich. Sie erwartet nun im laufenden Jahr 0,8 Prozent Wachstum. 2015 dürfte die Wirtschaft mit 1,0 Prozent und 2016 mit 1,5 Prozent wieder etwas stärker anziehen. Im September hatte die EZB der Eurozone noch ein Wachstum von 0,9 Prozent im laufenden Jahr und von 1,6 Prozent 2015 und von 1,9 Prozent im Folgejahr zugetraut.

Die Märkte reagierten negativ auf Draghis Unwillen, die Geldschleusen jetzt schon zu öffnen. Er macht aber Mut. Anfang nächsten Jahres solle bewertet werden, wie die bisher eingesetzten Instrumente gewirkt hätten, sagte der Italiener am Donnerstag in Frankfurt. Der EZB-Rat sei zu zusätzlichen unkonventionellen Maßnahmen bereit, sollten sie notwendig sein.

„Dies würde bedeuten, Anfang nächsten Jahres Größe, Tempo und Zusammensetzung unserer Maßnahmen zu verändern“, so Draghi. Es wird damit gerechnet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) künftig auch Staatsanleihen kaufen wird. In welcher Form und wie viele, ist aber unklar. Innerhalb des von Deutschland angeführten Hartwährungslagers gibt es heftigen Widerstand gegen Käufe von Staatsanleihen durch die EZB. Die Bundesbank will die Gefahr einer „Staatsfinanzierung durch die Notenpresse“ bannen. Sie befürchtet eine steigende Inflationsgefahr und das Ende aller Reformen in den Südstaaten, wenn die EZB billiges Geld bereitstellt – und dass Deutschland zahlen muss. Auch Draghi appellierte erneut an die Staaten, notwendige Reformen nicht zu verschleppen. (jil/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2014)

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