Timmermans: „Österreich bei TTIP-Debatte Vorbild für ganz Europa“

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Die hierzulande leidenschaftlich geführte Debatte über das EU-USA-Freihandelsabkommen ist ein Vorbild für ganz Europa.

Brüssel. „Ich kenne kein EU-Land, wo TTIP so stark diskutiert wird wie in Österreich.“ Frans Timmermans ist sich sicher: Die hierzulande leidenschaftlich geführte Debatte über das EU-USA-Freihandelsabkommen ist ein Vorbild für ganz Europa. Wenn es möglich sei, die österreichische Bevölkerung von den Vorzügen des Abkommens zu überzeugen, „dann können wir ganz Europa überzeugen“, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission vor Journalisten in Brüssel.

Das größte Risiko bei TTIP sei, dass „nur über Mythen und Ängste geredet“ werde. Ein Problem sei auch, dass die Amerikaner glaubten, „was gut für sie ist, ist gut für die Welt“. Dass die Europäer jedoch nicht alle Werte teilen und auf Augenhöhe verhandeln wollen, sei für die US-Seite nicht immer leicht zu verstehen. Den Investorenschutz hält Timmermans für verbesserungswürdig: „Da liegt noch viel Arbeit vor uns.“ Die wichtigste Frage sei, ob die umstrittenen Klauseln so gestaltet würden, dass die Rechte der Bürger geschützt bleiben. „Man kann mich da überzeugen“, so der Sozialdemokrat. Seine Parteifreunde im EU-Parlament sehen das anders. Die S&D-Fraktion wird „höchstwahrscheinlich“ gegen das Abkommen votieren, sollten die Investorenschutzklauseln enthalten sein, meint SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried – weil die „demokratisch legitimierten“ Rechtsstaatssysteme von EU und USA ad absurdum geführt würden. Es gebe aber auch innerhalb der Fraktion Diskussionen: Vor allem Italiener und Spanier sehen die Klauseln nicht ganz so kritisch. Das Stimmverhalten der S&D-Fraktion werde jedenfalls entscheidend sein, so Leichtfried; zeichnet sich bei EVP und Liberalen eine Zustimmung, bei Grünen und EU-Kritikern eine Ablehnung des Abkommens ab.

Ende Jänner reist Handelskommissarin Cecilia Malmström nach Österreich, um Stimmung für das Abkommen zu machen. Kommende Woche will sie die Verhandlungen in Washington vorantreiben. Werden nächstes Jahr keine Fortschritte erzielt, könnte ein Abschluss länger auf sich warten lassen: 2016 liegt der US-Fokus auf den Präsidentenwahlen. (aga)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.12.2014)

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