Griechenland implodiert

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Die Angst vor der extrem linken Syriza-Partei lässt den Markt in Athen dramatisch einbrechen. Auch die Anleiherenditen steigen wieder.

Wien/Athen. So schnell kann es gehen. Am Montag war Europa noch in Ordnung. Griechenlands Hilfsprogramm wurde von der EU zwar um zwei Monate verlängert – aber es handelte sich um eine „technische Verlängerung“ – kein Grund zur Sorge also. Griechenland ist weiter auf dem Weg in Richtung Normalität, so die Botschaft.

Und jetzt das. Am Dienstag ist der Athener Aktienmarkt gefallen wie ein Stein. Um zeitweise minus 13 Prozent. Das ist der zweitgrößte Tagesverlust seiner Geschichte und der größte seit den Turbulenzen nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008. Der griechische Bankenindex stürzte sogar um knapp 16 Prozent ab.

Grexit wieder eine Option

Der Grund ist simpel: Anleger haben Angst, dass die Regierung des konservativen Ministerpräsidenten Antonis Samaras sich bei den Präsidentschaftswahlen im griechischen Parlament am 17. Dezember nicht durchsetzen kann. In diesem Fall schreibt die Verfassung Neuwahlen vor – und bei solchen hätte die Regierung ebenfalls schlechte Karten gegen die extrem linke Syriza-Partei, die sowohl die EU-Hilfen als auch das damit verknüpfte Sparprogramm ablehnt. Ein Grexit, also der Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone, wäre wieder denkbar – und damit der mögliche Kollaps der gesamten Währungsunion.

Der Euro stieg am Dienstag dennoch gegenüber dem Dollar – der wiederum durch Aussagen einiger Fed-Notenbanker geschwächt wurde, die Zinsanhebung könne noch einige Zeit auf sich warten lassen. Die Krisenwährung Gold schoss wohl als Reaktion auf beide Entwicklungen von 1200 auf fast 1240 Dollar.

Griechische Staatsanleihen flogen ebenfalls in hohem Bogen aus den Depots der Anleger und trieben damit die Rendite der zehnjährigen Titel auf bis zu 7,896 Prozent von 7,274 Prozent am Vortag. Diesem Trend konnten sich die Bonds der anderen südeuropäischen Krisenstaaten Italien, Spanien und Portugal nicht entziehen. Ihre Renditen zogen ebenfalls an.

Griechenland ist seit 2010 mit zwei Rettungsprogrammen in Höhe von insgesamt 240 Milliarden Euro über Wasser gehalten worden. Das Programm wird jetzt um zwei Monate verlängert. Der deutsche Bundestag wird kommende Woche darüber abstimmen. Finanzminister Wolfgang Schäuble lobte ausgerechnet am Dienstag die „Fortschritte“ Athens. (Ag./Jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2014)

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