"Wetten, dass ..." jetzt endgültig Schluss ist?

File photo of German TV show ´Wetten Dass...?´
File photo of German TV show ´Wetten Dass...?´(c) REUTERS (POOL)
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Heute Abend geht die Show ein letztes Mal über die Bühne. Ein bisschen werden wir sie vermissen, aber hier nennen wir neun Gründe dafür, dass die Sendung nach 33 Jahren zu Ende gehen musste.

Es war ein Abschied in sehr vielen Raten. Vielleicht tut er deshalb kaum mehr weh. Selbst die verspielten („Spiegel“: „Eine Couch für alle“) und die sanft wehmütigen Nachrufe („Zeit Magazin“: „Ihr werdet es vermissen“) in den deutschen Feuilletons lesen sich mehr wie Pflicht denn Kür. „Wetten, dass . . ?“ litt seit Jahren an Zuseher- und Relevanzverlust, doch mit dem tragischen Wettunfall 2010, bei dem Kandidat Samuel Koch lebensgefährlich verletzt wurde, begann das Ende in Etappen. Zuerst ging Thomas Gottschalk, statt ihm kam der Südtiroler Markus Lanz, doch die Quoten erholten sich nicht. Im Frühling dann gab der Moderator bekannt, dass die Sendung Ende 2014 nach fast 34 Jahren eingestellt wird. Nach heute, Samstag, ist dann wirklich Schluss. Wir sagen Servus – mit neun Gründen dafür, dass die Sendung tatsächlich keine Zukunft mehr hat.

Weil ihr von Anfang an die Disziplin fehlte

Sonst gibt es das eigentlich nur bei Fußballspielen: die Verlängerung. Doch schon Frank Elstner hielt sich in der ersten Sendung am 14. Februar 1981 nicht an die Vorgabe und überzog die Sendezeit um 43 Minuten. Thomas Gottschalk konnte das 1996 überbieten, indem er 73 Minuten länger Witze auf Kosten seiner Gäste machte. Zufall oder nicht, dass die Sendung sogar beim Abschiednehmen überzog: Vier Folgen noch, hieß es im April 2014. Warum wurde nicht gleich aufgehört?

Weil ihr langsam die Gäste ausgingen

Elf Mal Iris Berben, je acht Mal Boris Becker, „Bully“ Herbig und Otto Waalkes (die zwei Letzteren sind heute, Samstag, in der Abschiedsshow wieder dabei) und sieben Mal Christiane Hörbiger. Kein Wunder eigentlich, dass man irgendwann das Gefühl bekam, die Sendung schon gesehen zu haben. Die Abwechslung war auch bei den Musikgästen gering. Peter Maffay sang 17 Mal, Udo Jürgens saß 15 Mal am Klavier, und Herbert Grönemeyer stellte (fast) jedes Album vor.

Weil das Auto als Wettgegenstand ausgedient hat

„Der Spiegel“ hat in der aktuellen Ausgabe nachgezählt: Kein anderer Gegenstand war so oft Teil einer Wette wie das Auto. 69 Mal war ein Personenkraftfahrzeug in irgendeiner Weise in die Wette eingebaut, 39 Mal ein Bagger, 14 Mal ein Lkw und 32 Mal ein Tier. Nach dem Wettunfall von Samuel Koch im Dezember 2010, seit dem der junge Mann querschnittgelähmt ist, wurden gefährliche Wetten aus der Show verbannt. Die verrückteren (und zum Teil auch sehr gefährlichen) Stunts zeigten seit den 2000er-Jahren ohnehin Johnnie Knoxville und seine „Jackass“-Kollegen auf MTV.

Weil die Amerikaner nur mehr darüber lachten

Sehr konsequent sind die US-Stars nicht: Ihre Filme/Alben/Bücher bewerben sie zwar gern auf der Wettcouch, danach ziehen sie aber über das Gesehene her. Tom Hanks trug zwar in der Show freiwillig eine Katzenmütze, erklärte danach aber, noch nie zuvor habe er sich gewünscht, dass etwas schneller vorbeigeht als der US-Wahlkampf. Kollegin Halle Berry fühlte sich „lost in translation“, nachdem ihr Ohr-Mikro ausfiel, und Will Arnett lästerte jüngst bei Jimmy Kimmel über „die verrückteste Talkshow überhaupt“ und die Mentalität der Deutschen: „Witze funktionieren überhaupt nicht.“ Unter dem Wahlamerikaner Gottschalk gab es jedenfalls weniger Kritik.

Weil die Mode langweilig wurde

Rüschenhemd à la Austin Powers, Schottenrock und pechschwarze Harley-Hose. Über Thomas Gottschalks mutigen Kleidungsstil wurde an Montagen noch geredet und nicht selten gelacht. Die Textilauswahl von Markus Lanz, der eng geschnittene Anzug, gleicht dagegen eher der von George Clooney in seinen Kaffeewerbespots. Sehr stilvoll, aber zu nüchtern für ein Unterhaltungsformat. Hätte das ZDF nur Elstners karierte Sakkos aus dem Fundus geholt!

Weil punktueller Sexismus endgültig aus der Mode ist

Der „Große Blonde“ war nicht nur für seinen extravaganten Modegeschmack bekannt, sondern auch für seinen Schmäh der Prä-Political-Correctness-Ära. Der bewegte sich von Selbstironie („Unser ZDF-Kernpublikum hat teilweise noch Telefon mit Drehscheibe“) bis zu Sexismus („Nach der dritten ,Wetten, dass. . ?‘-Sendung redest du schon wie meine Frau“, zu Ko-Moderatorin Hunziker). Beim schmäharmen Lanz wirkten die Pointen hingegen eingelernt und aufgesetzt. Seine temporäre Assistentin, die Komödiantin Cindy aus Marzahn, trieb es für den ZDF dafür zu bunt.

Weil man montags über so viel anderes reden kann

Früher hieß es, „Wetten, dass. . ?“ sei eines dieser TV-Ereignisse, über die noch am Montag in Schule und Büro geredet wird. Das stimmt schon sehr lang nicht mehr. Heute gibt es Nischen-Smalltalk: Die einen reden über die letzte „Homeland“- oder „Newsroom“-Folge, die anderen über Le Floyd auf YouTube oder den „Tatort“. Nur wenige große Ereignisse wie der Songcontest oder das WM-Finale sind noch Gesprächsstoff für alle.

Weil man Stars heute auf YouTube sehen kann

Für die Jugendlichen der Achtziger- und Neunzigerjahre war das noch ein wirklich großes Ding, wenn Stars wie Michael Jackson, die Backstreet Boys oder Take That am Samstagabend in der Wettshow auftraten. Heute können Teenager ihren Vorbildern auf Facebook folgen und ihre YouTube-Kanäle abonnieren.

Weil die amüsanten kleinen Skandale ausblieben

Katastrophen wie den Wettunfall vor vier Jahren hat der Show natürlich niemand gewünscht. Aber hie und da ein kleiner Skandal, das machte die Sendung aus. Etwa der im September 1988. Da gab sich ein „Titanic“-Redakteur als Thomas Rautenberg aus und behauptete, er könne die Farbe von Buntstiften an ihrem Geschmack erkennen. Danach berichtete er im Satiremagazin, er habe die Stiftfarbe unter dem Rand der verdunkelten Brille erkennen können. 1994 warfen zwei Umweltaktivisten in Linz ein Transparent mit der Aufschrift „Umweltsaalwette“ ab. Gottschalk blieb gelassen und fragte nur: „Seid ihr schon länger da oben?“

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