Wohnungssuche in den teuersten Städten der Welt

The skyline of lower Manhattan is seen as cranes lift pieces of the spire up One World Trade Center in New York
The skyline of lower Manhattan is seen as cranes lift pieces of the spire up One World Trade Center in New YorkREUTERS
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Wachsende Studentenkreditschulden sorgen dafür, dass junge Akademiker kaum mehr Wohnungen kaufen.

New York: Unleistbar für junge Menschen

Streng ökonomisch betrachtet, hat es für junge Leute schon seit Jahrzehnten keinen Sinn, nach New York City zu ziehen: Die Mietpreise sind jenseits von gut und böse, auf dem Arbeitsmarkt für Berufseinsteiger in Finanz, Marketing und Medien muss man oft froh sein, ein unbezahltes Praktikum zu ergattern, und selbst wer einen Arbeitsvertrag erhält, verdient im Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten deutlich weniger als in so gut wie jeder anderen amerikanischen Stadt.

Doch in der jüngsten Vergangenheit hat sich die angespannte Lage am New Yorker Wohnungsmarkt für die Jungen zusätzlich verschärft. Denn erstens sind die mittleren realen Arbeitseinkommen Unter-30-Jähriger seit dem Jahr 2000 in den USA um zehn Prozent gesunken. Zweitens haben sich im selben Zeitraum die Kosten für das Studieren mehr als verdoppelt. Daraus folgt drittens, dass immer mehr amerikanische Jungakademiker mit einem immer schwereren Rucksack an Schulden ins Arbeitsleben starten; es ist nicht unüblich, dass junge Absolventen mit Mitte 20 monatliche Kreditraten von 1000 Dollar abstottern müssen.

Soziale Wohnbaunot. Diese Umstände erklären, wieso seit dem Jahr 2012 laut New Yorker Federal Reserve Bank erstmals seit mindestens einem Jahrzehnt 30-jährige Jungakademiker mit Studentenkreditschulden weniger häufig als andere Gleichaltrige Hypotheken aufnehmen, um sich Wohnungen zu kaufen. In keiner anderen Altersgruppe sank der Anteil der Wohnungseigentümer stärker als bei den jungen studierten Erwachsenen.

Die New Yorker Stadtpolitik kann für sie praktisch nichts tun. Der seit einem Jahr amtierende Bürgermeister Bill de Blasio hat nämlich alle Hände voll damit zu tun, sein Wahlversprechen des Baus beziehungsweise der Sanierung von 200.000 Sozialwohnungen bis 2024 umzusetzen. Im Mai stellte er zu diesem Zweck einen 41 Milliarden Dollar schweren Plan vor, der von der Stadt, dem Bundesstaat und der Bundesregierung getragen werden soll. 60 Prozent der neuen Wohneinheiten sollen durch Sanierung, 40 Prozent durch Neubau entstehen. De Blasio hat zudem verfügt, dass die Baugenehmigung für private Wohnhäuser davon abhängig gemacht wird, dass ein Teil der neuen Apartments für sozial Bedürfte zu niedrigen, regulierten Mietpreisen vergeben werden. Diese Form der gesellschaftlichen Durchmischung ist lobenswert, sind allein seit dem Jahr 2000 doch rund 360.000 leistbare Wohneinheiten vom Markt verschwunden (sprich: zu teuer geworden). Zudem entscheiden sich immer mehr Bewohner von Genossenschaftsbauten aus den 1960er- und 1970er-Jahren, die mit öffentlichen Mitteln errichtet wurden, für den Ausstieg aus dem geregelten Wohnungsmarkt zu stimmen und ihre damals dank Steuerzuschüssen billigst erworbenen Wohnungen heute mit sechsstelligen Gewinnen zu verkaufen.

So machen zahlreiche New Yorker Vertreter der Babyboomer-Generation auf den Fundamenten einer früheren sozialen Wohnbaupolitik zum Pensionsantritt einen Reibach. Für ihre Kinder und Enkel bleibt dagegen oft nur der Wegzug in die Vorstädte oder überhaupt in andere Bundesstaaten.

Hongkong: Eine Kiste mit Pritsche für 500 Euro

Seit Festlandchinesen ihr Geld in der Finanzmetropole anlegen, sind die Wohnungspreise in die Höhe geschossen. von Felix Lee

Ein Stellplatz zum Preis von zwei Häusern? In Hongkong ist das sehr leicht möglich. Umgerechnet rund 400.000 Euro hat ein Käufer vor Kurzem im angesagten Viertel Repulse Bay für einen zwölf Quadratmeter großen Stellplatz in einer Tiefgarage ausgegeben. Das ist weit mehr als der durchschnittliche Preis für ein Eigenheim in Österreich. Die südchinesische Finanzmetropole macht damit ihrem Ruf als zweitteuerste Stadt der Welt alle Ehre. Nur in London müssen die Leute noch mehr Geld für eine Immobilie ausgeben.

Seit 2003 sind die Wohnungspreise in Hongkong um 300Prozent in die Höhe geschossen, allein in den vergangenen vier Jahren haben sie sich mehr als verdoppelt. Umgerechnet rund 8500 Euro kostet im Schnitt der Quadratmeter Wohnfläche. Zum Vergleich: In Wien liegt der Preis bei rund 3000 Euro. Auch die Mieten in der Finanzmetropole sind exorbitant: Wer in der Hongkonger Innenstadt leben möchte, muss rund 5000 Euro für die Miete aufbringen – und erhält dafür nicht einmal 50 Quadratmeter. „Wir erleben derzeit die höchsten Immobilienpreise, die es in der Geschichte der Stadt jemals gegeben hat“, sagt Simon Lo vom Immobilienbüro Colliers International, der „South China Morning Post“. „Es ist einfach zu viel Liquidität im Markt.“

Wertvolles Land. Hongkongs Immobilien sind seit jeher teuer. Denn Bauland ist in der Hafenstadt rar. Das gesamte Gebiet der südchinesischen Sonderverwaltungszone erstreckt sich zwar auf rund 1000 Quadratkilometer. Doch wegen der vielen steilen Berge sind nur rund sieben Prozent bebaubar. Die eine Hälfte der insgesamt sieben Millionen Einwohner drängt sich entlang eines schmalen Küstenstreifens auf der Hauptinsel Hongkong und der gegenüberliegenden Halbinsel Kowloon. Die andere Hälfte der Bevölkerung lebt in Satellitenstädten in den New Territories, die im Hinterland nach dem Abtragen von Bergen hochgezogen wurden. Durchschnittlich zwölf Quadratmeter Wohnfläche haben sie zur Verfügung.

Protest gegen Wohnpolitik. Während sich jene Hongkonger glücklich schätzen können, die sich vor zehn Jahren vor dem steilen Anstieg der Preise eine Wohnung gekauft oder eine der begehrten Sozialwohnungen zugeteilt bekommen haben, können sich vor allem junge Familien derzeit nicht einmal mehr eine Zweizimmerwohnung leisten. Das mittlere Haushaltseinkommen in Hongkong liegt bei rund 2200 Euro im Monat. Etwa ein Zehntel der Bevölkerung lebt daher für rund 500 Euro im Monat in sogenannten Kistenwohnungen. Mit einer Wohnfläche zwischen drei und fünf Quadratmetern reicht der Platz gerade einmal für eine Pritsche. Gekocht wird im Treppenhaus. Aus Furcht, auch einmal so zu enden, haben sich auch deswegen in den vergangenen zwei Monaten Zehntausende an den Demokratieprotesten im Regierungsviertel beteiligt. Sie protestierten nicht zuletzt gegen die Wohnungspolitik der Hongkonger Führung.

Schuld an den horrenden Preisen trägt vor allem der massive Zufluss von Kapital vom chinesischen Festland. Seitdem es kaufkräftigen Chinesen aus der Volksrepublik erlaubt ist, ihr Geld in der ehemaligen britischen Kronkolonie anzulegen, sind die Immobilienpreise in die Höhe geschossen. Viele Festlandchinesen leben nicht in den Wohnungen, sondern spekulieren auf noch höhere Preise. Die Hongkonger Regierung hat bisher nur wenig dagegen getan. Im Gegenteil: Sie heißt weiterhin Kapital aus der Volksrepublik willkommen.

London: Die Metropole der Milliardäre

"My home is my castle": Ein eigenes Heim können sich in London vor allem Junge und Familien kaum mehr leisten. Auf dem weitgehend unregulierten Markt diktieren die Verkäufer alle Bedingungen. von Gabriel Rath

Die Besucher aus Österreich waren nicht gerade hingerissen: Die Wände aus Karton, der Vorortezug so nahe und laut, als würde er durchs Zimmer donnern, und die Größe der Unterkunft so, dass „bei uns zu Hause allein das Wohnzimmer größer ist als deine ganze Wohnung“. Dafür zahlt man aber in London eine Miete, mit der sich in Wien eine Dachterrassenwohnung im ersten Bezirk ausgehen würde.

Es hat eben seinen Preis, in einer der aufregendsten Städte der Welt zu leben. Die Anziehungskraft der Metropole in Verbindung mit einer krassen Unterversorgung an neuem Wohnraum lassen die Preise in einem weitgehend unregulierten Markt explodieren: 508.000 Pfund (640.000 Euro) kostete zuletzt im Schnitt eine Wohnimmobilie nach dem jüngsten Bericht des staatlichen Statistikamts ONS. In nur einem Jahr sind die Preise um 18,8 Prozent gestiegen.

Liegt London in der Preisskala überlegen voran, weil hier Nobelbezirke wie Chelsea oder Kensington (wo in diesem Jahr eine Garage um schlanke 500.000 Pfund den Besitzer wechselte) den Durchschnitt nach oben drücken, verzeichnet das ganze Land enorme Zuwächse. Seit die Regierung im Vorjahr mit billigen Krediten den Immobilienmarkt wieder angekurbelt hat, stürzen sich die Briten erneut mit einem Tempo in spekulative Investitionen, als hätte es den Finanzcrash 2007/08 nie gegeben. Selbst Nachzügler wie Glasgow und Liverpool liegen heute wieder über dem Vorkrisenniveau. Was die Preise so in die Höhe schießen lässt, ist ein Missverhältnis von Angebot und Nachfrage: Starkes Geburtenwachstum und Zuwanderung führen zu einer rasch wachsenden Bevölkerung, die allein seit 2001 um fünf Millionen Menschen zugenommen hat. Während aber das Land selbst nach Regierungsangaben bis zu 300.000 neue Wohnungen pro Jahr brauchte, werden weniger als 140.000 fertiggestellt.

Die Folge ist ein Markt, auf dem der Verkäufer alle Bedingungen diktiert. Erbärmliche Quartiere in verheerendem Zustand und abschreckender Lage gehen zu explodierenden Preisen weg wie warme Semmeln. Im Durchschnitt gibt der Londoner heute drei Fünftel seines Monatseinkommens für Wohnen aus. Immer mehr Menschen können sich das nicht mehr leisten: Allein zwischen Juli und September dieses Jahres wurden 11.000 Menschen wegen Mietrückständen aus ihren Wohnungen geworfen. Die Obdachlosenorganisation Shelter schätzt, dass jeden Tag 560 Haushalte mit 1300 Bewohnen von der Zwangsräumung bedroht sind.

Nichts wie weg. Schlimm ist die Wohnsituation für die junge Generation. In einem Land, in dem einst „My home is my castle“ Staatsphilosophie war, wird es für die Jungen immer schwieriger, überhaupt Fuß zu fassen. 25 Prozent der Briten zwischen 18 und 29 Jahren leben noch bzw. wieder bei ihren Eltern. Soziologen sprechen von der Boomerang-Gesellschaft: Die Kinder studieren auswärts und kehren nach dem Abschluss ins Elternhaus zurück. Viele Junge ziehen aus London weg: Allein im Vorjahr waren es fast 60.000 Menschen zwischen 30 und 40, die sich stattdessen in Manchester oder Birmingham niedergelassen haben. Der Durchschnittspreis in Birmingham liegt bei 133.700 Pfund – dafür bekommt man in London nicht einmal einen Gartenschuppen. Besonders Familien mit Kind sehen sich an den Rand der Stadt oder hinausgedrängt. Zu den hohen Kosten der Kinderbetreuung kommen endlose Transportwege und beengte Wohnverhältnisse.

Doch der Gewinn für Städte wie Manchester, Birmingham oder Bristol ist ein Verlust für London. Zunehmend werden Klagen laut, dass die Stadt ihre jungen, kreativen und dynamischen Menschen verliert. Sie werden von Oligarchen und Scheichs verdrängt. Von den 2352 Milliardären der Welt leben 72 in London.

Nairobi: Die boomende Stadt in Afrika

In Kenias Hauptstadt wächst der Immobilienmarkt rasant: Die große Zahl an Ausländern, die für die UNO oder für internationale Ölfirmen arbeiten, kurbeln die Nachfrage an. von Anna-Mayumi Kerber

Nairobi ist grün. Dezentralisiert. Es ist gespalten. Die Kluft zwischen Arm und reich lässt sich auf dem Wohnungsmarkt deutlich ablesen. Und mit einer wachsenden Mittelklasse erleben die Vororte einen massiven Boom.

Die Immobilienberatungsfirma Knight Frank hat Nairobi vor zwei Jahren als den am schnellsten wachsenden Immobilienmarkt bezeichnet. In nur einem Jahr stiegen die Preise um rund 25 Prozent. Das betrifft die High-End-Liegenschaften, jene mit elektrischen Zäunen und 24-Stunden-Security, wo Diplomaten, Geschäftsmänner, Politiker und „Rich Kids“ leben.

Gegründet 1899 von der britischen Kolonialmacht, war Nairobi zunächst ein kleiner Stützpunkt für die Eisenbahn zwischen der Hafenstadt Mombasa und Uganda. Inzwischen leben über 3,5 Millionen in der Metropole, Zahl steigend. Die Wohnungspreise erreichten im ersten Quartal dieses Jahres ihren Höchststand – 3,5-mal so hoch wie noch im Jahr 2000. Manche befürchten aber, dass der Markt aufgrund der Sicherheitslage in Kenia einbrechen könnte. Seit 2011 gab es vermehrt Terroranschläge im ganzen Land.

Die große Zahl an Ausländern in Nairobi spielt eine wichtige Rolle auf dem Wohnungsmarkt. Nairobi ist eine Drehscheibe für internationale Firmen und Organisationen, die vom Sitz der Vereinten Nationen (dem vierten neben New York, Genf und Wien) bis zu Ölinvestoren reichen. Ausschlaggebend für den Wohnsitz sind Sicherheit und Verkehr. In den Vierteln Muthaiga und Gigiri, in denen aufgrund der Nähe zum UN-Sitz viele Wohlhabende ihr Zuhause haben, kosten laut der Immobilienfirma Hass Consult gut 4000 Quadratmeter Land umgerechnet zwischen 1,2 und 1,8 Millionen Euro. Die Mietpreise für Luxushäuser liegen bei 2500 bis etwa 10.000 Euro – unmöbliert. Die Grenze nach oben hin ist offen. Es gibt keine Mietpreisregulierungen durch die Regierung. Die meisten Immobilien werden bar bezahlt.

Platzmangel gibt es in Nairobi nicht: Die kenianische Hauptstadt ist eine weitläufige, grüne Stadt. In den Außenbezirken findet man Luxusvillen mit großen, üppigen Gärten. Es fühlt sich nicht nach Stadt an, und das ist es, was sich die Wohlhabenden wünschen. Wo sich früher Kaffeeplantagen befanden, sind heute zunehmend Wohnbauten und Gästehäuser zu sehen. Dazwischen Golfklubs, ein Zoo und ein Elefantenasyl. „Oftmals“, so Kinyua Njiiri, ein Immobilienmakler, „fragen die Leute als Erstes, ob es Platz zum Spielen für die Kinder gibt.“ Am gefragtesten seien leistbare Wohnräume im Grünen. Die allerdings werden immer seltener. Auch in Nairobi müssen immer öfter Parks und öffentliche Gärten Platz für klimatisierte Büros und schicke Appartements machen.

Wellblechdach für 20 Euro. Schätzungsweise mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt in Slums – diese machen aber nur etwa fünf Prozent der Stadtfläche aus. Die Miete für ein „Shack“ – eine Wellblechhütte – beläuft sich auf 20 bis 50 Euro. Dafür gibt es etwa zehn Quadratmeter. Viele der Bewohner sind Landflüchtlinge, deren Jobs als Wachmänner oder Haushaltshilfen die geografische Nähe zum Arbeitsplatz verlangen. Sie können es sich nicht leisten, täglich stundenlang im nervenaufreibenden Stau zu sitzen. Der Strom wird, wenn möglich, von einer der Hauptleitungen im Viertel angezapft. Gekocht wird mit Kohlen vor der Tür, das Klo, falls vorhanden, mit zahlreichen Nachbarn geteilt. Laut einer Studie der Regierung und der UNO sind vier von fünf dieser Shacks gemietet.

Beliebt sind auch die sogenannten SQ – Servant Quarters. Es sind vom Eigenheim abgetrennte Räume, ursprünglich für die Hausangestellten, die separat vermietet werden. Mieten in zentrumsnahen Bezirken liegen bei bis zu 300 Euro. Wer Wasser und Strom will, fängt bei etwa 200 Euro an.

Nairobi

2500Euro ist die niedrigste Miete, mit der man pro Monat bei Luxusimmobilien in der kenianischen Hauptstadt rechnen muss.

20Euro ist der Minimum-Mietpreis für eine Wellblechhütte in den Slums. Reuters

London

171Millionen Euro hat die teuerste Wohnung der Welt am Hyde Park gekostet. Sie gehört dem ukrainischen Stahlmagnaten Rinat Achmetov.

13.760Euro bezahlte man Ende Juni für einen Quadratmeter in den Nobelbezirken Kensington und Chelsea.
Bloomberg

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2014)

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