Verurteilte können sich von nun an direkt an den Verfassungsgerichtshof wenden. Die Gerichtsgebühren für Jugendliche entfallen.
Wien. Wenn Bürger meinen, in einem Straf- oder Zivilverfahren wegen einer verfassungswidrigen Bestimmung verurteilt worden zu sein, können sie künftig direkt eine Gesetzesbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) einbringen. Allerdings nicht in allen Fällen. So sind viele Mietrechtssachen oder Unterhaltsvorschussverfahren ausgenommen. Bisher konnten Verfahrensparteien bei Bedenken nur anregen, dass das Gericht den VfGH anruft. Wobei das auch nur den Berufungsinstanzen möglich war. Per 2015 können auch Gerichte erster Instanz mutmaßlich verfassungswidrige Regeln prüfen lassen.
Einiges geändert wird im Strafprozess: Das kurze Mandatsverfahren ohne Hauptverhandlung kommt zurück, aber nur für kleinere Delikte (auf die eine Geldstrafe oder bedingte Freiheitsstrafe) steht. Staatsanwälte dürfen in einer Causa nur mehr länger als drei Jahre ermitteln, wenn das Gericht es genehmigt. Beschuldigte werden stärker in die Bestellung von Sachverständigen eingebunden und können Privatgutachten einbringen.
Das Justizministerium verzichtet auf Gerichtsgebühren im Ausmaß von jährlich 1,44 Millionen Euro: Alle familienrechtlichen Verfahren für Minderjährige sind ab 1. Juli gebührenfrei. So ist auch die Unterstützung durch die Familiengerichtshilfe als Besuchsmittler (bisher 420 Euro) und durch die Kinderbeistände bei Obsorge- oder Kontaktrechtsverfahren (441 Euro) in der Regel gratis.
Vermieter zahlen Thermen-Reparatur
Ab 1. Jänner müssen Vermieter die Reparatur bzw. den Austausch einer Therme bezahlen, für die Wartung müssen die Mieter aufkommen. Hat der Mieter die Therme selbst installieren lassen, muss er die Reparatur auch weiterhin zahlen. Noch auf sich warten lässt die von der Regierung angekündigte Wohnrechtsreform – über „leistbares Wohnen“ wird im nächsten Jahr weiterverhandelt.
Nicht kommen wird eine in Justizkreisen scharf kritisierte Maßnahme aus dem Sparpaket 2012: Die für 2015 und 2016 geplante Anhebung der Wertgrenze wurde wieder aus dem Gesetz gestrichen. Damit bleibt es dabei, dass Bezirksgerichte für Zivilverfahren bis 15.000 Euro und Landesgerichte für Fälle mit höheren Beträgen zuständig sind. (red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2015)