Mediale Blitzoffensive des US-Präsidenten

Barack Obama auf allen Kanälen.

WASHINGTON (vier). Wie ein Schulbub freute sich Jay Leno auf den hohen Gast aus Washington. So sehr zappelte der TV-Moderator herum und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass seine Lehrerin zusähe. Wann kommt schon einmal der Präsident zu Besuch ins Studio einer Late-Night-Show? Barack Obamas Auftritt in der Nacht zum Freitag markierte ein Debüt – und war ein Coup für beide Seiten. Als Präsidentschaftskandidat war er noch salopp ohne Krawatte erschienen, diesmal kam er im Habitus des mächtigsten Mannes der Welt, umgeben von seiner Entourage.

3000 Meilen war der Präsident geflogen, um der Politblase in Washington zu entfliehen – und nicht, wie Leno scherzte, seiner Schwiegermutter. In Kalifornien ging es ihm darum, bei Bürgerversammlungen und Firmenbesuchen Tuchfühlung zu den Wählern herzustellen, Dampf gegen die Spitzenmanager der Wall Street abzulassen und sein Regierungsprogramm zu verkaufen. Es tue richtig gut, Washington hinter sich zu lassen, sagte er wiederholt in Orange County, seit Reagan-Zeiten eine republikanische Hochburg.

Der Abstecher in das NBC-Studio in Burbank nahe Los Angeles, der die Einschaltquoten nach oben trieb, ist Teil einer medialen Blitzoffensive Obamas auf allen Kanälen. Für Sonntag ist ein Interview in der CBS-Sendung „60 Minutes“ eingeplant, für den Dienstagabend bereits die zweite große Livepressekonferenz aus dem Weißen Haus seit Amtsantritt.

Vom Radio ins Internet

Das Medium des meist an den Rollstuhl gefesselten Franklin D. Roosevelt waren die per Radio ausgestrahlten Kamingespräche. Als große Kommunikatoren entwickelten Kennedy, Reagan und Bill Clinton die mediale Inszenierung von Ereignissen weiter. Obama nutzt die ganze Bandbreite der neuen Medien, etwa die wöchentliche Videobotschaft im Internet. Und er setzt gezielt auf die soziale Rolle der populären First Lady.

Bei Leno schaltete der Präsident vom Politprofi zum Familienvater um, plauderte locker über Kinder, Hunde und über Sport. Dabei verplapperte er sich jedoch, als er witzelte, seine Bowling-Fähigkeiten würden allenfalls für die Behindertenspiele ausreichen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2009)

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