Gesundheit: Wie wir länger arbeiten lernen

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Frühpension, Arbeitslosigkeit und lange Krankenstände. In Österreich, so scheint es, vertragen sich Arbeit und Alter nicht sonderlich gut. Das muss nicht so sein.

Wien. In Österreich gibt es nur entweder – oder: krank oder gesund, Arbeit oder Pension. Das sei schädlich, sagen die Experten vom Institut für Arbeitsfähigkeit. 2014 stieg die Zahl der Arbeitslosen über 50 um 12,5 Prozent auf 99.324 Personen. Dabei lägen die größten Ressourcen der Unternehmen bei Mitarbeitern über 55 Jahren. Jedes Jahr sinkt die Arbeitsfähigkeit in Unternehmen im Schnitt um 0,4 bis 0,6 Prozentpunkte. Das muss aber nicht sein. Der Trend zur Frühpension und zu langen Krankenständen könne gebrochen und Ältere könnten länger in Arbeit gehalten werden. Das ist zwar nicht gerade simpel, manche Unternehmen versuchen es aber dennoch.

Der Sanitärtechnikhersteller Geberit ist so ein Fall. Vor etwa zwei Jahren startete das Unternehmen ein Programm, das die Arbeitsfähigkeit der Belegschaft langfristig erhalten soll. Die meisten der rund 500 Mitarbeiter an den österreichischen Standorten sind zwischen 40 und 50 Jahre alt. Im Kopf hätten viele das Bild ihrer Eltern gehabt, die mit Mitte 50 in Pension gegangen sind, sagt Sonja Lahner, Personalleiterin bei Geberit zur „Presse“. „Sie müssen wissen, dass das nicht geht. Und überlegen, wie sie älter werden und aktiv bleiben wollen.“

Urlaubstag als Lockmittel

In einem ersten Schritt hat sie daher ihre Mitarbeiter befragt, wie ihre Arbeit gestaltet sein müsste, um sie auch als Mittsechziger noch gut und gern absolvieren zu können. 400 Vorschläge von Umbaumaßnahmen über Gratisobst bis zur Reduzierung des Zeitdrucks trudelten ein. Gute Erfahrungen machte das Unternehmen auch mit einem Pass, in dem Mitarbeiter Punkte für Gesundenuntersuchungen, gesünderes Essen in der Kantine und absolvierte Trainingseinheiten sammeln konnten. Für einen komplett ausgefüllten Pass winkte ein Urlaubstag extra.

Eine genaue Evaluierung des Erfolgs sei noch nicht möglich, so Lahner, da das Programm nicht beendet sei und zeitgleich auch andere Maßnahmen gesetzt würden. „Wir haben aber definitiv die Krankenstandszahlen gesenkt.“

Geberit ist kein Einzelfall. Hunderte Unternehmen nahmen im Vorjahr an Programmen wie etwa „fit2work“ teil, mit dem die Regierung derartige Maßnahmen fördert. Während Österreich in diesem Bereich vor allem auf Förderungen setzt, gehen andere Länder in Europa einen strengeren Weg. So gibt es in Deutschland etwa seit Jahren die gesetzliche Möglichkeit einer Rehabilitation, in der gezielt jene Fähigkeiten trainiert werden, die notwendig sind, um wieder arbeiten zu können.

Nach dem sogenannten Hamburger Modell können Mitarbeiter nach der Reha noch einige Monate Krankengeld beziehen, um sich (mit weniger Belastung) am Arbeitsplatz wieder orientieren zu können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2015)

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