Wo sind die 250.000 Elektroautos?

USA CONSUMER GOODS CES 2015
USA CONSUMER GOODS CES 2015(c) APA/EPA/BRITTA PEDERSEN (BRITTA PEDERSEN)
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Vor drei Jahren versprach der damalige Umweltminister Berlakovich 250.000 Elektroautos bis zum Jahr 2020. Weil politisch nichts passiert ist, ist man von diesem Ziel weit entfernt.

Wien. Die Politik war euphorisch und daher war kein Ziel zu groß. „Bis zum Jahr 2020“, sagte Nikolaus Berlakovich am 25. Jänner 2012 als Umweltminister bei der E-Mobility Conference in Graz, „wollen wir rund 250.000 Elektrofahrzeuge auf Österreichs Straßen haben.“ Die Regierung wird sich einiges einfallen lassen müssen, damit die Österreicher in den kommenden fünf Jahren etwa 247.000 E-Autos kaufen. Denn mit Stand 30. November 2014 waren gerade einmal 3238 Elektrofahrzeuge auf unseren Straßen unterwegs.

Das ehrgeizige Ziel scheint mittlerweile, wie Nikolaus Berlakovich, Geschichte zu sein. Heute will sich niemand mehr auf konkrete Zahlen für 2020 festlegen. Das Verkehrsministerium nicht, das seine Aufgabe derzeit in erster Linie darin sieht, Elektroautos „sichtbarer und die Technik erlebbarer“ zu machen. Und auch das Umweltministerium nicht, das nur allgemein auf verschiedene Maßnahmen „zur Forcierung der Markteinführung der E-Mobilität“ verweist.

Die Regierung hatte sich bereits wenige Monate nach Berlakovichs mutiger Ansage in Allgemeinplätze geflüchtet. Im „Umsetzungsplan Elektromobilität in und aus Österreich“ vom Juni 2012 nennen SPÖ und ÖVP keine Zahlen, stattdessen formuliert man die Ziele so: „Die aufeinander abgestimmten Aktivitäten zielen darauf ab, optimierte Rahmenbedingungen zu gestalten, um so einerseits Elektromobilität im Alltag rascher erfahrbar zu machen und andererseits die mit der Elektromobilität verbundenen Chancen für Österreich bestmöglich zu nutzen.“ Das klingt nett und verpflichtet zu nichts.

Die naheliegende Möglichkeit, um mehr Neuzulassungen von E-Autos zu erreichen, wäre eine direkte Förderung beim Kauf oder Erleichterungen beim Betrieb. Das macht Österreich zwar, aber nur bei Unternehmen: Für elektrisch angetriebene Firmenfahrzeuge gibt es 2000 Euro Zuschuss, wenn zum Aufladen nur Ökostrom verwendet wird, erhöht sich der Betrag auf 4000 Euro.

Norwegen als E-Auto-Traum

In vielen anderen Staaten fördert man auch private Pkw. In Belgien können beispielsweise bis zu 30 Prozent des Kaufpreises in der Einkommensteuererklärung abgesetzt werden. In Spanien gibt es Zuschüsse bis zu 6000 Euro. In Japan übernimmt der Staat die Hälfte der Zusatzkosten eines E-Autos im Vergleich zu einem herkömmlichen Pkw.

Das Traumland aller Elektroautofans ist aber zweifellos Norwegen. Dort sind E-Autos nicht nur von der Mehrwert- und einer Neuwagensteuer (eine Art Nova) ausgenommen, Besitzer dürfen auch die Busspur benützen, sie zahlen keine Parkgebühren, keine Maut und können ihre Autos an öffentlichen Plätzen kostenlos aufladen.

Die Folge: In dem Land mit etwa fünf Millionen Einwohnern gibt es fast 38.000 Elektroautos (Stand September 2014). Damit ist man auf einem guten Weg, das Ziel zu erreichen, das sich die Regierung in Oslo gesteckt hat: Bis zum Jahr 2018 soll es 50.000 emissionsfreie Fahrzeuge in Norwegen geben.

Doch in dem skandinavischen Land sieht man auch die Konsequenzen solch massiver Förderungen. Inzwischen verursachen Elektroautos während der Stoßzeiten 85 Prozent des Verkehrs auf den Busspuren in Oslo, ergab eine Untersuchung des Straßenverkehrsamts. Und das geht zulasten des öffentlichen Verkehrs, weil Busse teilweise im E-Auto-Stau feststecken. Man muss sich solche Förderungen auch leisten können: Laut Schätzungen des norwegischen Finanzministeriums summieren sich allein die Steuererleichterungen für Elektroautos auf 500 Millionen Euro.

In Österreich ist man von solchen Summen weit entfernt, obwohl der Staat auch ohne direkte Förderung bei E-Autos um Einnahmen umfällt. So ist für ein E-Auto keine Normverbrauchsabgabe (Nova) fällig. Dem Kunden fällt das freilich nicht auf, weil die Preise auch ohne diese Steuer hoch sind. Für den BMW i3, der etwa so groß ist wie ein VW Golf, zahlt man beispielsweise mindestens 36.000 Euro. Dafür spart man sich im laufenden Betrieb die motorbezogene Versicherungssteuer, weil sich die nach der Leistung eines Verbrennungsmotors richtet.

Mehr Lamborghinis als Teslas

Selbst in die Tasche greift der Staat bei einem aktuellen Projekt, das gerade ausgeschrieben wurde: Es geht um Förderungen für Projekte, die der Bevölkerung „ein System aus marktnaher Elektromobilität durch E-Taxis und/oder E-Car-Sharing“ zur Verfügung stellt. In Wien, Wien-Umgebung, Graz und Klagenfurt haben sich in einer ersten Ausschreibung Betreiber qualifiziert. Zwei Projekte werden mit insgesamt 5,5 Millionen Euro gefördert. Wo man bald Elektroautos teilen oder in Elektrotaxis fahren kann, wird sich vermutlich im Mai entscheiden.

Dann könnte sich auch die Zahl der Elektroautos in Österreich erhöhen. Nur zum Vergleich: Aktuell gibt es in Österreich mehr Lamborghinis (208) als rein elektrische Teslas (189).

AUF EINEN BLICK

Massive Steuererleichterungen tragen dazu bei, dass Norwegen das Land mit der weltweit höchsten Dichte an Elektroautos ist. Auf etwa fünf Millionen Einwohner kommen derzeit 38.000 E-Autos. Von solchen Zahlen ist Österreich weit entfernt, obwohl der frühere Umweltminister Nikolaus Berlakovich 2012 als Ziel 250.000 Elektroautos bis zum Jahr 2020 nannte. Der Ansage folgten allerdings wenige politische Aktionen, wie etwa Förderungen beim Autokauf. Aktuell hält Österreich bei 3238 E-Autos.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2015)

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