Glawischnig und Rossmann legen auf der Klubklausur ihr Konzept für eine Steuersenkung vor. Das Volumen ist niedriger als bei anderen Parteien. Vermögende sollen aber mehr beitragen.
Neusiedl am See/Wien. Als letzte der Parlamentsparteien haben nun auch die Grünen ihr Steuerkonzept vorgestellt. Und sie wollen offensichtlich beim Wettrennen, wer die höchste Entlastung bietet, nicht mitmachen. Gerade einmal vier Milliarden Euro macht das Entlastungsvolumen bei den Grünen aus, das ist sogar weniger als im Konzept von SPÖ (5,9 Milliarden) und ÖVP (fünf Milliarden jetzt, weitere zwei Milliarden ab 2020) vorgesehen.
Den Schwerpunkt legen die Grünen – ähnlich der SPÖ – auf eine Senkung der Steuertarife. Doch diese fällt deutlich niedriger aus: Bei einem geringfügig erhöhten Freibetrag von 12.000 statt bisher 11.000 Euro soll der Eingangssteuersatz bei 30 Prozent liegen – und damit höher als in den Konzepten der anderen Parteien (siehe Grafik). Die Koalition will ja auf 25 Prozent hinuntergehen.
„Steuertarif 90/10“
Die Grundidee hinter dem grünen Steuerkonzept: Vor allem die Bezieher niedriger Einkommen sollen überproportional entlastet werden– und damit vor allem Frauen. Die Grünen sprechen vom „Steuertarif 90/10“, weil sie die niedrigsten 90 Prozent der Einkommen entlasten wollen und die reichsten zehn Prozent der Haushalte dafür aufkommen sollen. Ihr Modell sei im Gegensatz zu jenen der Regierungsparteien „seriös gegenfinanziert“, betonte Klubobfrau Eva Glawischnig bei der Klubklausur der Grünen in Neusiedl am See. „Wir wollen relevanten Druck aufbauen für eine intelligente Steuerreform.“ Derzeit sei Österreich ein Hochsteuerland, was die Arbeit betrifft, und ein Paradies bei der Vermögensbesteuerung.
Die weiteren Stufen nach dem Eingangssteuersatz: 40 Prozent ab 22.000 Euro, 45 Prozent ab 30.000 Euro und 50 Prozent ab 60.000 Euro. Negativsteuer soll es im Gegensatz zum SPÖ-Modell keine geben, diese wird – ähnlich dem ÖVP-Modell – durch eine Einschleifung der Sozialversicherungsbeiträge für Niedrigverdiener zwischen 500 und 1530 Euro ersetzt (samt Wegfall der Geringfügigkeit).
Die Entlastungseffekte rechnete Budgetsprecher Bruno Rossmann vor. Sehr niedrige Einkommen bis 700 Euro monatlich würden um 14 Prozent des Nettoeinkommens entlastet, das seien bis zu 80 Euro pro Monat. Das mittlere Einkommen von Frauen (1390 Euro Monatsbrutto) würde um 4,3 Prozent netto (oder 50 Euro) bessergestellt, jenes von Männern (2283 Euro) um rund 4,4 Prozent (70 Euro). Bei der Höchstbeitragsgrundlage läge die Entlastung nur noch bei 1,6Prozent (45Euro), für Nationalratsabgeordnete (8583 Euro) bei 21 Euro. Der Grund für die nach oben hin sinkende Entlastung: Für Einkommensbestandteile zwischen 30.000 und 60.000 Euro ist der Steuersatz im Modell der Grünen sogar höher als derzeit (45 statt 43,2 Prozent).
Finanzieren wollen die Grünen ihre Steuerreform zu einem großen Teil über Reichensteuern. 1,5 Mrd. Euro (auf mittlere Sicht zwei Mrd.) sollen aus einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer kommen, wobei man schon viel früher zugreifen will als die SPÖ: Als Freibetrag sind 500.000 Euro vorgesehen (SPÖ: eine Million), womit auch Einfamilienhäuser in guter Lage schon unter die Erbschaftssteuer fallen würden. Aus einer Erbschaftssteuer auf Privatstiftungen nach deutschem Vorbild soll eine „Stiftungsmilliarde“ lukriert werden.
Weitere Mittel sollen aus der Reform der Grundsteuer (700 Mio. Euro), Streichung von – unökologischen – Steuerbegünstigungen (eine Mrd.), Kürzung von Förderungen (500 Mio.) sowie aus Steuerbetrugsbekämpfung und Schritten gegen aggressive Steuerplanung und Gewinnverschiebung (mittelfristig eine Mrd. Euro) kommen.
Ein weiterer Eckpunkt ist die Ökologisierung im Verkehrs- und Energiebereich im Ausmaß von zwei Mrd. Euro, ab 2019 von vier Mrd. Dies soll aufkommensneutral erfolgen. So soll der Steuersatz für Dieseltreibstoff an jenen für Benzin angeglichen werden, Lkw auch außerhalb der Autobahnen bemautet werden und eine CO2-Abgabe kommen. Im Gegenzug sollen Unternehmen bei den Lohnnebenkosten entlastet werden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2015)