Kolumne "Sprechblase". Warum wir auch ganz authentisch lügen können.
So muss man heute sein: egal, ob als Mitarbeiter oder Führungskraft, ob als Produkt oder Unternehmen. Sie alle müssen authentisch sein. Und ist es jemand oder etwas nicht, lässt der Zuruf „Sei einfach authentisch!“ nicht lang auf sich warten.
Da ist schon etwas dran. Wer authentisch ist, strahlt eine ganz besondere Wirkung aus. Denn als authentisch gilt jemand, besagt eine Definition, dessen Schein und Sein als übereinstimmend empfunden werden: Authentizität wird als Stimmigkeit erlebt – und gern mit Echtheit oder Ehrlichkeit verwechselt.
Tatsächlich sagt Authentizität wenig über die Qualität des Tuns aus: Jemand kann auch ganz authentisch lügen. Eine Person muss nicht unbedingt authentisch sein, wenn sie lügt. Doch sie bleibt immer sie selbst – und damit echt. Sie kann ja auch gar nicht anders.
Manche Situationen sind zwar zum Aus-der-Haut-Fahren, aus seiner Haut aber kann niemand.
Tatsächlich authentisch ist, wer in verschiedenen Situationen unterschiedliche Rollen übernehmen und sie ausfüllen kann. Oder modern gesagt: Man ist in der Lage, verschiedene Hüte aufzusetzen. Ganz gleich, ob man ein „Hutgesicht“ hat.
michael.koettritsch@diepresse.com