Konjunktur: Deutschland auf Rekordkurs

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Exportweltmeister Deutschland stellt einen neuen Ausfuhrrekord auf – und auch die Reallöhne der Deutschen stiegen 2014 – die der Österreicher allerdings nicht.

Wiesbaden/Wien. Die Deutsche Bundesbank und der Großteil des politischen Establishments stemmen sich zwar gegen einen schwachen Euro – und die extrem lockere Geldpolitik der EZB. Aber die Wirtschaft scheint davon zu profitieren, dass der Euro binnen eines Jahres um 17 Prozent abgewertet hat – gegenüber dem US-Dollar. Laut Statistischem Bundesamt haben die deutschen Exporteure 2014 einen Umsatzrekord geschafft.

Demnach haben sie im Ausland 1,13 Mrd. Euro eingenommen – 3,7 Prozent mehr als 2013. Auch die Einfuhren legten zu: um zwei Prozent auf 915,6 Mrd. Euro. „Die Exporte und Importe übertrafen damit die bisherigen Höchstwerte vom Jahr 2012“, so das Statistische Bundesamt. Besonders gut liefen die Geschäfte mit den nicht zur Eurozone gehörenden EU-Ländern wie Großbritannien und Polen. Die Warenexporte dorthin zogen um 10,2 Prozent an. Die Nachfrage aus Staaten außerhalb der Europäischen Union – wozu die beiden weltgrößten Volkswirtschaften USA und China zählen – wuchsen hingegen nur um 1,5 Prozent. Die Ausfuhren in die Eurozone legten um 2,7 Prozent zu.

„Angesichts der vielen Schwierigkeiten ist es unter dem Strich noch ein gutes Jahr geworden“, sagte der Präsident des deutschen Außenhandelsverbandes, Anton Börner, mit Blick auf die Ukraine-Krise, die Ebola-Epidemie und den Vormarsch der Extremistengruppe IS in Nahost. „Wir sind zuversichtlich, 2015 sogar noch draufzusatteln – nicht zuletzt dank des Rückenwinds durch den billigeren Euro. Die Ausfuhren sollen in diesem Jahr um vier Prozent auf 1172 Mrd. Euro zulegen.“

In Österreich steigen die Reallöhne nicht

Die deutsche Handelsbilanz – die Differenz zwischen Aus- und Einfuhren – wies 2014 einen Rekordüberschuss von 217 Mrd. Euro aus. Das entspricht rund 7,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Deutschland hat nach Berechnungen des Ifo-Instituts den weltweit höchsten Exportüberschuss, mehr als die Zweit- und Drittplatzierten – China und Saudiarabien – zusammen.

Interessant: Trotz des schwachen Euro steigen in Deutschland auch die Reallöhne – die Deutschen haben also nach Abzug der (ohnehin mauen) Inflationsrate mehr Kaufkraft als im Jahr davor. Mehr noch: Mit 1,6 Prozent fiel die Reallohnsteigerung so stark aus wie noch nie seit der Wirtschaftskrise 2008, berichtete das Statistische Bundesamt. In Österreich sieht die Lage anders aus: Hier sinken die Nettoreallöhne Berechnungen des Wifo zufolge seit mittlerweile vier Jahren – und sie dürften auch 2015 und 2016 weiter sinken. Heißt: Die Österreicher haben jedes Jahr weniger Kaufkraft in der Tasche als im Jahr davor. Österreich hat die höchste Inflationsrate in Europa – und zwar in einer Phase, in der in der Eurozone Disinflation herrscht, also fallende Inflationsraten. Sogar Deflation, also Minusinflationsraten, erleben manche Länder schon. Im Dezember sind die Preise in der gesamten Eurozone um 0,3 Prozent gefallen, während in Österreich weiterhin eine Inflationsrate von mehr als 1,5 Prozent herrscht.

Rund ein Prozentpunkt der Inflation in Österreich ist aber laut Wifo und Nationalbank allein auf die steigenden Gebühren, Steuererhöhungen und die kalte Steuerprogression zurückzuführen – die hohe Inflationsrate, die wiederum für sinkende Reallöhne verantwortlich ist, ist also fast komplett hausgemacht. Die niedrige Inflation wird in der Eurozone 2015 wohl anhalten, und auch in Österreich soll die Inflationsrate weiter sinken. (ag./jil)

AUF EINEN BLICK

Deutschlands Firmen haben 2014 im Ausland durch Exporte so viel Geld verdient wie noch nie: Sie nahmen im Ausland 1133,6 Mrd. Euro ein und damit 3,7 Prozent mehr als 2013, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Die Einfuhren legten um 2,0 Prozent auf 915,6 Mrd. Euro zu. Auch die Löhne nach Abzug der Inflationsrate (Reallöhne) sind in Deutschland im vergangenen Jahr gestiegen – im Gegensatz zu Österreich, wo die Reallöhne seit vier Jahren sinken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2015)

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