Costa Concordia: 16 Jahre Haft für Kapitän Schettino

Francesco Schettino
Francesco SchettinoREUTERS
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Im Prozess um die tödliche Havarie des Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia" 2012 vor der Toskana fiel am Mittwochabend das Urteil. Neben der Haftstrafe wurde Schettino zu einem fünfjährigen Berufsverbot verurteilt.

Grosseto. Francesco Schettino muss für 16 Jahre und einen Monat hinter Gitter. Das Gericht im toskanischen Grosseto befand ihn am Mittwochabend des fahrlässig herbeigeführten Schiffbruchs, der fahrlässigen Tötung von 32 Passagieren sowie der fahrlässigen Körperverletzung in 157 Fällen für schuldig. Zudem wurde gegen den 54-jährigen ein fünfjähriges Berufsverbot verhängt. Gleichzeitig muss Schettino einige Millionen Euro Schadenersatz zahlen – nicht nur an hunderte namentlich aufgeführte Verletzte und Hinterbliebene, sondern auch an den Staat Italien und die Insel Giglio für Schaden an Eigentum und Image. Allerdings bleibt Schettino auf freiem Fuß, bis das Urteil rechtskräftig wird – also erst nach der dritten Instanz in einigen Jahren. Die drei Richter hielten es aufgrund der bisher „guten Führung“ des Angeklagten für „unwahrscheinlich“, dass er sich der Strafe durch Flucht ins Ausland entziehen könnte. Die Staatsanwaltschaft hatte 26 Jahre und drei Monate Gefängnis gefordert und außerdem die sofortige Verhaftung Schettinos verlangt.

Mit dem innerhalb von nur acht Stunden gefällten Urteil ist der gut eineinhalbjährige Prozess um die Havarie der Costa Concordia am 13. Januar 2012 in erster Instanz zu Ende gegangen. In seinem unter Schluchzen vorzeitig abgebrochenen Schlusswort hatte Schettino am Mittag bestritten, er habe sich nie um das Leid der Opfer gekümmert. Er habe Vertreter von ihnen sogar bei sich zu Hause empfangen und es in der Öffentlichkeit lediglich „vermeiden wollen, meinen Schmerz zu zeigen, damit er nicht instrumentalisiert würde.“ Er beklagte, dass das „Design“ des Prozesses bereits seit drei Jahren festgestanden und darin bestanden habe, „ohne Rücksicht auf die Wahrheit, ohne Verständnis für das wirklich Geschehene und ohne Gedenken an die Opfer“ ihm allein alle Schuld zuzuschieben. Außerdem habe „der Fleischwolf der Medien“ die Wahrheit drei Jahre lang entstellt; im Prozess seien außerdem Worte gefallen, die seine Menschenwürde verletzt hätten.

Anwälte kündigen Berufung an

Schettinos Anwälte wollen gegen die Verurteilung ihres Mandanten berufen. "Wir sind mit dem Urteil nicht zufrieden und werden dagegen in die Berufung gehen", kommentierte Schettinos Anwalt Domenico Pepe am Mittwoch. "Die Strafe ist hart. Die Tatsache, dass wir die übertriebene Haftforderung der Staatsanwaltschaft um fast die Hälfte reduzieren konnten, gibt Schettino jedoch ein wenig seiner Würde zurück. Der Kapitän ist kein Verbrecher. Die Havarie der Costa Concordia war ein Unfall", betonte Pepe. 

Fünf andere Schiffsoffiziere, die am Unglücksabend auf der Brücke des Kreuzfahrtschiffes Dienst hatten, waren mit symbolischen Strafen von weniger als zwei Jahren Gefängnis bereits zu Anfang des Prozesses aus dem Verfahren ausgeschieden. Deutsche Passagiere erhalten – nach dem Gerichtsurteil – jeweils etwa 30.000 Euro Entschädigung von Schettino. Gleiches gilt für den Bürgermeister von Salzburg, Heinz Schaden, der bereits angekündigt hat, die ihm zustehende Summe an die Insel Giglio und an deren sozial schwache Bürger weiterleiten zu wollen.

Attacken der Staatsanwälte

Während des Prozesses hatten die Staatsanwälte den Kapitän massiv attackiert. „Was für ein Angeber, was für ein Feigling! Was für ein unbedachter Idiot, der skrupellos Würfel spielt mit der Sicherheit seiner Passagiere!“ Umso mehr Worte musste die Verteidigung aufwenden, um ihren Mandanten darzustellen als „demütigen, redlichen Menschen, der im letzten Moment, in einer von anderen Personen verfahrenen Lage, mit sicherem Seemannsinstinkt das Richtige getan hat“. 32 Tote – ja, „aber mehr als 4000 gerettet. Und dafür wollen ihn die Staatsanwälte für 26 Jahre und drei Monate hinter Gitter stecken? Drei, maximal fünf Jahre!“, hatten die Verteidiger gefordert. (pk)

Costa Concordia

Die Costa Concordia war am 13. Jänner 2012 mit 4.229 Menschen an Bord auf einen Felsen vor der toskanischen Insel Giglio aufgelaufen. 77 österreichische Passagiere konnten sich retten. Das Schiff wurde im vergangenen Juli zur Verschrottung nach Genua geschleppt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2015)

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