Politische Krise wegen Todesstrafe

(c) REUTERS (POOL)
  • Drucken

Angesichts der anstehenden Exekution zweier Australier wegen Drogenhandels droht Canberra Indonesien mit Konsequenzen. Auch andere Staaten fürchten um ihre Bürger.

Djakarta/Canberra. Während sich die halbe Welt in jüngster Vergangenheit vor allem auf die große Zahl von Hinrichtungen in Saudiarabien und dem Iran konzentriert hat, hat sich wegen Hinrichtungen andernorts zuletzt eine regelrechte politische und diplomatische Krise zugespitzt.

Konkret geht es um Indonesien: Dort sollen in Kürze zwei Australier wegen Drogenhandels hingerichtet werden. Australiens Regierung droht mit diplomatischen Konsequenzen, sollten seine Bürger getötet werden: „Falls diese Exekutionen stattfinden, werden wir sicherlich Wege finden, unseren Missmut kundzutun“, sagte Premierminister Tony Abbott am Sonntag. Millionen Australier seien „angewidert“ von den geplanten Hinrichtungen, so der Premier. Zuvor hatte Außenministerin Julie Bishop dem großen Nachbarn im Norden, zu dem die Beziehungen traditionell etwas angespannt sind, mit wirtschaftlichen Konsequenzen gedroht: Die Australier würden sich gut überlegen, ob sie noch auf Bali urlauben wollten. Indonesien mit seinen rund 240 Millionen Einwohnern auf etwa 17.500 Inseln ist eines der beliebtesten Ziele für die etwa 24 Millionen Australier. Außenministerin Bishop schloss sogar einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen nicht aus.

Tod schon ab kleinen Mengen

Die Australier Andrew Chan und Myuran Sukumaran sitzen in Indonesien wegen Heroinschmuggels im Todestrakt. Sie sind 2005 auf dem Flughafen Denpasar auf Bali verhaftet worden, wo sie, so das Urteil, versucht hatten, gemeinsam mit Komplizen acht Kilogramm Heroin einzuschmuggeln. Auf Drogenhandel steht in einigen asiatischen Staaten wie Indonesien und Singapur die Todesstrafe, und zwar schon ab relativ kleinen Mengen, in Singapur etwa schon ab 15Gramm Heroin. Auf die drohende Strafe wird man auch auf den im Flugzeug auszufüllenden Einreiseformularen hingewiesen: „Death penalty for drug traffickers under Singapore law“, heißt es dort etwa in dicken roten Buchstaben.

Die Hinrichtung der Australier steht offenbar kurz bevor. Vollzogen wird sie durch Erschießen, wobei der Delinquent die Möglichkeit hat zu entscheiden, ob er stehen oder sitzen und ob er eine Augenbinde tragen möchte oder nicht. Die Schützengruppe besteht in der Regel aus zwölf Männern, von denen nur drei scharfe Munition im Gewehr haben, die übrigen Gewehre sind mit Platzpatronen bestückt. Geschossen wird aus fünf bis zehn Metern Entfernung. Sollte der Erschossene noch Zeichen von Leben aufweisen, versetzt der leitende Offizier einen Kopfschuss. Die Hinrichtung wird dem Opfer 72Stunden zuvor angekündigt.

Indonesien hatte die 1964 eingeführte Todesstrafe zwischenzeitlich fünf Jahre ausgesetzt und erst anno 2013 wieder eingeführt. Seither wurden zehn Menschen wegen Mordes oder Drogenhandel hingerichtet, darunter sechs Ausländer, allesamt wegen Drogendelikten. Fünf dieser Ausländer – sie stammten aus den Niederlanden, Brasilien, Vietnam, Malawi und Nigeria – waren erst im Jänner trotz diplomatischer Proteste exekutiert worden, was für große Empörung sorgte. Brasilien und die Niederlande zogen daraufhin ihre Botschafter aus Indonesien ab.

Heutiges Krisengespräch

Da weiteren fremden Bürgern, etwa aus Frankreich, den USA, Indien und Ghana, der Tod droht, hat Indonesiens Regierung für Montag Vertreter aller Herkunftsländer der Betroffenen zu Gesprächen in das Außenministerium geladen. Die Familien der australischen Todeskandidaten veröffentlichten am Sonntag Gnadenappelle an Indonesiens Präsidenten Joko Widodo. UN-Chef Ban Ki-moon setzte sich für eine Begnadigung ein. (wg/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Diplomatin Retno Marsudi vor Journalisten als sie von der Verschiebung der Hinrichtungen berichtet.
Weltjournal

Indonesien schiebt Hinrichtungen zweier Australier auf

Aufgrund "technischer Gründe" wird die geplante Hinrichtung von zwei Australiern, die wegen Drogenschmuggels zum Tod verurteilt wurden, bis zu einem Monat verschoben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.