Adi Hütter: "Wir suchen neue Kampls und Alans"

Adi Hütter
Adi Hütter(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Salzburgs Trainer Adi Hütter, 45, ist trotz prominenter Abgänge von der Qualität seiner Mannschaft überzeugt. Der heutige Gegner Villarreal ist für ihn dennoch zu favorisieren.

Die Presse: Ihre Mannschaft gastiert heute im Sechzehntelfinale in Villarreal. Was erwarten Sie im Duell mit dem Sechsten der spanischen Primera Division?

Adi Hütter:Villarreal ist eine Topmannschaft, die bis vor Kurzem 18 Pflichtspiele ungeschlagen war und die drittbeste Defensive der Liga stellt. Selbst Atlético Madrid hat man auswärts 1:0 geschlagen. Diese Mannschaft verfügt über ein starkes Kollektiv mit tollen Einzelspielern wie den mexikanischen Dos-Santos-Brüdern oder dem Argentinier Vietto. Der spanische Fußball hat sehr viel Qualität. Villarreal ist ein richtiger Kapazunder und für mich leichter Favorit.

Mit Kevin Kampl und Alan wurden im Winter zwei Leistungsträger verkauft. Über welche Qualität wird Salzburg im Frühjahr verfügen?

Kampl und Alan lassen sich nicht eins zu eins ersetzen. Wie schwerwiegend die Abgänge tatsächlich sind, werden wir erst nach ein paar Spielen beurteilen können. Aber unabhängig davon: Ich bin überzeugt von der Qualität jener Mannschaft, die mir zur Verfügung steht.

Verstehen Sie die Entscheidung von Alan, im Alter von 25 Jahren für viel Geld nach China zu wechseln?

Sportlich nein, finanziell ja. Auf der einen Seite verstehe ich es nicht, in seinem Alter ausgerechnet nach China zu gehen, andererseits war das Angebot finanziell sehr lukrativ. Alan wird sich in China noch Gedanken darüber machen, ob es der richtige Schritt war. Das weiß er zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

Haben Sie noch versucht, ihn umzustimmen oder stößt ein Trainer in einem solchen Fall an seine Grenzen?

Alan hatte schon im Sommer finanziell lukrative Angebote, aber ich habe ihm damals klargemacht, wie wichtig es für den Verein ist, dass er noch in Salzburg bleibt. Nachdem er in der Europa League in fünf Spielen acht Tore geschossen hat, dachte ich eigentlich, dass ein europäischer Verein auf ihn aufmerksam werden würde, aber es kam das Angebot aus China. Vielleicht meinte Alan auch, er müsse Salzburg verlassen, nachdem zuvor schon Sadio Mane und Kampl gewechselt sind . . .

Wenn ein Spieler geht, bietet sich zugleich einem anderen die Chance, sich aufzudrängen.

So muss man es auch sehen. Die Herausforderung wird sein, einen neuen Alan und einen neuen Kampl zu suchen und zu finden. Am wichtigsten bleiben aber nicht einzelne Akteure, sondern das Team. Egal, wer spielt, die Mannschaft muss funktionieren.

Wer könnte denn tragende Rollen in Ihrem Team übernehmen?

Ich denke da zum Beispiel an Massimo Bruno. Er hat eine gewisse Eingewöhnungsphase benötigt, aber schon in der Hinrunde mehrmals aufgezeigt. Auch Valentino Lazaro hatte weit mehr Einsatzzeiten als noch vor einem Jahr. Das sind zwei Spieler, die noch präsenter werden könnten. Felipe Pires (19) oder David Atanga (18) sind zwei Perspektivspieler, sie zeigen unsere Identifikation mit dem Nachwuchs. Unser Weg stimmt.

Wird der Japaner Takumi Minamino – er fehlt heute wegen Adduktorenproblemen – eine sofortige Verstärkung darstellen?

Das hoffen wir. Er hat sich, trotz aller erschwerenden Umstände wie einer neuen Kultur und einer neuen Sprache, sehr schnell in die Mannschaft eingefügt. Minamino ist ein Riesentalent, hat in Japans höchster Spielklasse schon über 60 Spiele absolviert. Er hat die nötige Schnelligkeit und Technik, ist torgefährlich, einfach ein interessanter Spieler, der in den Testspielen schon relativ gut funktioniert hat. Ich glaube, mit ihm wird Salzburg noch viel Freude haben.

Kapitän Jonatan Soriano hat sich mit seiner vorzeitigen Vertragsverlängerung bis 2018 zu Salzburg bekannt. Ein wichtiges Zeichen für die Mannschaft?

Nicht nur für sie, auch für alle Fans. Jonny ist eine Schlüsselfigur in unserem Spiel, ein toller Mensch. Er passt einfach perfekt zu diesem Verein.

Deutliche Salzburger Siege sind in der Bundesliga keine Seltenheit, es scheint, sie werden manchmal regelrecht gefordert. Sind die Ansprüche von Fan- und Medienseite schon in den Himmel gewachsen?

Kein Spiel ist als Selbstläufer zu betrachten. Es kann doch nicht sein, dass man glaubt, jedes Spiel mit 4:0 oder 5:0 zu gewinnen. Es gibt genügend Mannschaften in Österreich, die uns an guten Tagen viele Probleme bereiten können. Wir können nichts daran ändern, wenn wir nach einem 2:0 kritisiert werden. Aber noch einmal: Hohe Siege sind keine Selbstverständlichkeit.

Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz hat in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ vergangene Woche über Sie gesagt: Adi Hütter ist ein Trainer mit allen Stärken, aber auch mit Schwächen. Wie deuten Sie diese Aussage?

Als ganz normale Aussage. Ich habe sie gelesen und mir überhaupt nichts dabei gedacht. Herr Mateschitz und ich haben uns vergangenen Sommer zur Vertragsverhandlung getroffen, mein Ansprechspartner im sportlichen Bereich ist seitdem Ralf Rangnick.

ZUR PERSON

Adi Hütter wurde im Mai 2014 als neuer Salzburg-Trainer und Nachfolger von Roger Schmidt präsentiert. Nach dem Ausscheiden in der Qualifikation zur Champions League führte Hütter das Team souverän durch die Gruppenphase der Europa League. Heute (21.05 Uhr, live ORF 1, Sky) wartet im Hinspiel des Sechzehntelfinales auswärts Villarreal. [ APA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2015)

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