Energie: Wie wichtig Kasachstan für die OMV ist

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Das rohstoffreiche Land ist immer noch Österreichs wichtigster Öllieferant. Doch die große Euphorie ist längst vorbei. Der niedrige Ölpreis treibt Kasachstan zunehmend in die Enge. Auch die heimische OMV musste dort zuletzt über hundert Millionen Euro abschreiben.

Wien. Wie wichtig ist Kasachstan für die OMV? Ist es wichtig genug, dass das Regime ernsthaft hoffen durfte, den OMV-Chef als Handlanger für seine politischen Zwecke zu gewinnen (siehe oben)? Der nüchterne Blick auf die Zahlen zeigt: Österreichs Interesse an den Rohstoffen des zentralasiatischen Landes ist ungebrochen. Doch von der großen Euphorie ist wenig übrig.

Noch im Jahr 2008 erwartete der damalige OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer in Kasachstan eine fulminante Zukunft für seinen Konzern. Bohrlizenzen sollten zugekauft und das kasachische Gas für die Nabucco-Pipeline reserviert werden. Doch mittlerweile ist die Nabucco-Leitung tot. Viel mehr als das Ölfeld Komsomolskoe hat die OMV-Tochter Petrom dort nicht zu bieten. Stattdessen gab es im Land zuletzt herbe Rückschläge für die OMV. Im Vorjahr musste der Konzern 110 Millionen Euro abschreiben, weil Ölbohrungen nicht den gewünschten Erfolg hatten.

Zudem sei zuletzt auch der Gegenwind für internationale Unternehmen in Kasachstan stärker geworden, heißt es in der Ölbranche. Das Land ist der zweitgrößte postsowjetische Erdölproduzent nach Russland und – ähnlich wie Moskau – hart vom Verfall des Ölpreises getroffen. Der Sektor steuert 20 bis 30 Prozent der Wirtschaftsleistung bei – oder eben nicht. Erst vor wenigen Tagen senkte die Ratingagentur Standard & Poor's das Kreditrating des Landes. Kasachstans Bonität ist damit nur noch zwei Stufen über dem Ramschniveau. Die Regierung ist unter Druck, die Ausgaben zu senken und neue Einnahmequellen zu finden. Hier seien internationale Konzerne oft eine willkommene Quelle, heißt es aus der Branche. Offiziell will die OMV davon nichts wissen. Ein Sprecher verweist lediglich auf die bekannten Probleme bei der Exploration, die zur Abschreibung geführt haben. Auch das Gerücht, wonach die OMV das Land am liebsten wieder verlassen würde, wird nicht kommentiert.

Kernmärkte sind anderswo

Komplett schmerzfrei wäre ein Rückzug aus dem Land aber nicht zu bewerkstelligen. Die OMV förderte 2014 zwar nur 9000 seiner durchschnittlich 309.000 Fass (156 Liter) Rohöl am Tag in Kasachstan. Doch als Öllieferant kommt die OMV – und damit auch Österreich – derzeit nicht am Land vorbei. Nach einer Statistik des Fachverbands der Mineralölindustrie deckte Österreich 2012 ein Viertel seiner Ölimporte mit Erdöl aus Kasachstan. 2013 verarbeitete die OMV 3,58 Millionen Tonnen Rohöl aus Kasachstan in ihren Raffinerien. Damit war das Land knapp hinter Rumänien der zweitwichtigste Lieferant für die Raffinerien der OMV.

Im Fokus des Mineralölkonzerns liegt Kasachstan aber mit Sicherheit nicht (mehr). Denn OMV-Chef Gerhard Roiss hat klargemacht, wo die Kernmärkte des Unternehmens zu finden sind: in Österreich, Rumänien und vor allem in der Nordsee. Neue, politisch stabile Staaten sollen die „Wackelkandidaten“ ersetzen. Dass ein Abzug aus Kasachstan möglich ist, hat zuletzt auch die Bank Austria gezeigt. Sie beendete ihr Abenteuer 2012 – und weinte dem Land bisher keine großen Tränen nach.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2015)

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