Hotelikonen: Abenteuer unter dem Fünfsternehimmel

Corinthia Hotel in Budapest
Corinthia Hotel in BudapestCorinthia
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Der mit vier Oscars ausgezeichnete Film „The Grand Budapest Hotel“ hat ein reales Vorbild: das Corinthia in Budapest. Behaupten zumindest seine Betreiber.

Gestandene Herren im Frack, ein Concierge, der alte Damen beglückt, wilde Fluchten, bittersüßer Liebesschmerz, und all das eingebettet in ein märchenhaftes Hotel mit Zuckerbäckerfassade – das ist der Inhalt von „The Grand Budapest Hotel“, dem Film, der eben mit vier Oscars ausgezeichnet wurde.

Nun behaupten die Betreiber des sehr realen Hotels Corinthia Budapest, ihr Haus und dessen Vorgänger habe das Vorbild für den Streifen abgegeben. Das Grand Hotel Royal wurde 1896 eröffnet und setzte neue Maßstäbe in Sachen Luxus und Technik. 100 der 350 Zimmer hatten ein eigenes Bad mit modernsten Armaturen aus England, die Aufzüge wurden mit Dampf betrieben, in den Leseräumen lagen die wichtigen Zeitungen Europas aus. Schon bald galt es als sehr chic unter den Hauptstädtern, seinen Five o'Clock Tea im Hotel zu nehmen oder sich in der prachtvollen Lobby eine der Kinovorführungen der Brüder Lumière anzusehen. Auch wenn Regisseur Wes Anderson versichert, sich aus den Büchern Stefan Zweigs sozusagen ein ideales Hotel komponiert zu haben, seien die Hinweise überdeutlich: Das Filmhotel wurde 1870 in einem fiktiven östlichen Staat namens Zubrowka erbaut. Sein Äußeres ist der Neorenaissance-Fassade des Royal ähnlich. Die Story spielt zwischen den Weltkriegen, zu jener Zeit, als das Royal seine Blütezeit erlebte. Und auch wenn der Streifen vornehmlich in Sachsen gedreht wurde: Zuvor war Anderson im Corinthia und schaute es sich sehr genau an.

Das Corinthia wurde 2003 neu eröffnet, nachdem das Royal 1991 für immer geschlossen hatte. Es trägt die alte Fassade, der frühere Ballsaal ist noch erhalten. Rund 200 Angestellte und 100 Zeitkräfte kümmern sich um die 450 Zimmer und die Präsidentensuite mit 240 Quadratmetern Fläche. Das einstige Spa wurde mit honigfarbenem Marmor, Buntglasgirlanden und einem 15 Meter langen Schwimmbecken prächtig herausgeputzt. Ein Restaurant serviert Sushi und Thai-Curry, das andere köstliche Kreationen wie „Gegrillten Balaton-Zander, gefüllt mit Spinat und Pinienkernen“. Über allem leuchten, Tag für Tag hart erkämpft, die hochgeschätzten fünf Sterne. Entscheidend für die Ähnlichkeit der Hotels aber sei, dass Royal und Corinthia für jene Mischung aus professioneller Perfektion und natürlicher Freundlichkeit standen und stünden, die auch der Film feiere. Und dass sich darüber hinaus die Geschichte des Hotels – und mancher seiner Angestellten – ähnlich abenteuerlich anhöre wie jene, die Ralph Fiennes, Jude Law und Tilda Swinton auf der Leinwand widerfahre.

Heimweh mit Fünfzig

Verkörpert wird sie etwa von Senior Duty Manager Tibor Meskál. Zweimal in der Woche versammelt der silberhaarige Gentleman interessierte Gäste in der Lobby. Statuen vergoldeter Damen mit Leuchtern flankieren die imposante Treppe, auf Tischen stehen Vasen mit lilafarbenen Lilien und Orchideen. Der 72-Jährige begann 1961 seine Ausbildung als Kellner im Hotel. Er durfte im Haus der Presse in Berlin Walter Ulbricht servieren, flüchtete später aus Ungarn, bediente in Australien und England Marlene Dietrich und Queen Elizabeth und durchlief alle wichtigen Stationen, die ein Hotel zu bieten hat. Mit 50 packte ihn das Heimweh, seit 2003 arbeitet er wieder in „seinem“ Haus.

Sprühend vor Charme und Geschichten geleitet er seine Gäste hinauf in den neobarocken, weiß-goldenen Ballsaal. Eben werden die runden Tische für einen Empfang eingedeckt. Weißes Leinen, blitzende Gläser und riesige Lüster mit Hunderten von Lichtern doppeln sich in Spiegeln. Béla Bartók hat hier dirigiert, Porträts von ihm, Friedrich Liszt und anderen ungarischen Größen säumen die Wände. Seit 2003 glänzt der Saal wieder in alter Pracht – jener Pracht, die auch Wes Anderson in seinem Film so opulent zelebriert.

Auch Chefportier Tamás Ungár ist von der alten Schule: Er begann seine Ausbildung im Royal in den 1980er-Jahren, und als das Corinthia 2003 aufmachte, war er von Anfang an dabei. Durch die Goldrandbrille blitzen hellwache Augen, und man ahnt, dass den 52-Jährigen, der vier Sprachen fließend spricht, so leicht nichts erschüttert. „The Grand Budapest Hotel“ hat er mit großem Vergnügen gesehen, vor allem die Szenenfolge, in der die Helden durch eine rasante Flucht ihren Häschern entkommen – mit vereinter Hilfe von Concierges aus ganz Europa, die den „Les Clefs d'Or“ angehören. Auch vier der fünf Portiers im Corinthia tragen die Goldenen Schlüssel des Berufsverbands an den Aufschlägen.

„Der Film ist ein Märchen, aber ein wahrer Kern steckt darin“, sagt Tamás. Denn wenn es darum geht, Rosen an eine Direktorengattin in einem Pariser Hotel zu schicken oder eine seltene Briefmarke in Athen zu besorgen, ist der exklusive Klub nach wie vor unverzichtbar: Über 4000 Mitglieder in 45 Ländern hat er derzeit, und jeder, der dazugehört, kann sich auf die Hilfe seiner Kolleginnen und Kollegen verlassen. Sein Alltag hinter dem Tresen ist aber meist Routine: Restaurants empfehlen, Opernkarten besorgen, Transporte koordinieren.

BUDAPESTER LUXUS

Übernachten
Gerade in der Nebensaison bietet das Corinthia vergleichsweise günstige Übernachtungen: ab ca. 120 Euro im Doppelzimmer. Frühstück bei Vorbuchung 18 Euro (Minimum zwei Nächte).

Corinthia Hotel Budapest
Erzsébet körút 43–49, Budapest H-1073, Tel.: +36/(1)/470 40 00, Fax: +36/(1)/
479 43 33, budapest@corinthia.com, www.corinthia.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2015)

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