Zentral-/Südosteuropa: Der Optimismus kehrt zurück

Polen ist zwar nach wie vor ihr Liebkind, zunehmend werden Investoren aber auch wieder auf die umliegenden Länder in der Region aufmerksam. Nicht alle profitieren davon in gleicher Weise.

Rein von den Zahlen her gesehen, sieht es derzeit ganz gut in den Regionen Central und South Eastern Europe (CEE/SEE) aus. Darüber sind sich die Experten im Vorfeld zur diesjährigen internationalen Immobilienmesse Mipim in Cannes einig gewesen. Das Transaktionsvolumen innerhalb der CEE-Region lag laut CBRE im Vorjahr bei knapp über 7,7 Milliarden Euro und damit – wenn man Russland nicht mitrechnet – um rund 28 Prozent über dem Volumen des Jahres 2013. „Die Investitionen in Richtung CEE sind nun wieder auf dem gleichen Niveau wie vor der Krise und ein Indiz dafür, dass die Region für institutionelle Investoren wieder interessanter wird“, erklärt Martin Sabelko, CEE-Vorstand bei CBRE Global Investors. Grundsätzlich sei es aber nach wie vor wichtig, „die Region Zentral- und Südosteuropa sehr differenziert zu betrachten, da die einzelnen Länder und Städte sich durchaus unterschiedlich entwickeln“, meint Friedrich Wachernig, Vorstand der S Immo AG.

Budapest wird spannend

Am besten schaut es in Polen aus, das mit 3,1 Milliarden Euro an Investitionen seine Führungsposition in der CEE-Region behaupten konnte. Einen herben Rückschlag musste 2014 hingegen der Investmentmarkt in Russland hinnehmen, wo 2,3 Milliarden Euro und damit deutlich weniger als im Jahr davor investiert wurde, als Immobilien um 5,3 Milliarden Euro die Eigentümer wechselten.

Mit dem wachsenden Kapital liegt der Schwerpunkt allerdings nicht mehr nur in Polen, was Sabelko als sehr positiv bewertet: „Auch andere Länder in der Region ziehen wieder größere Aufmerksamkeit auf sich.“ Dazu gehören vorrangig Tschechien und die Slowakei. Diese haben bereits in den vergangenen Jahren eine zunehmend stabile Entwicklung gezeigt, und laut Wachernig weist die Trendkurve weiter nach oben. Die Slowakei punktet dabei v. a. als Standort der Autoindustrie. Allein Volkswagen betreibt in Bratislava ein Werk mit über 10.000 Beschäftigten. „Und davon profitiert in der Folge die Immobilienwirtschaft“, gibt sich Viktor Wagner, Geschäftsführer der Reiwag, überzeugt.

Spannend präsentiert sich für Wachernig aktuell Budapest: „Nachdem dieser Markt österreichische Investoren jahrelang vor große Herausforderungen gestellt hat, wird jetzt eine zunehmende Entspannung spürbar.“ Die politische Situation verursache zwar immer noch Unsicherheiten, aber die Vermietungsaktivitäten nähmen ebenso deutlich wie das Interesse von Investoren zu.

Talsohle durchschritten

Auch in Rumänien und Bulgarien – vornehmlich in den Hauptstädten – zeigen sich erste Anzeichen einer größeren Investitionsbereitschaft. Wachernig sieht in Bukarest die Talsohle nachhaltig durchschritten: „Internationale Investoren kehren auf den Markt zurück, der Optimismus steigt.“ Bei CBRE erwartet man, dass der Trend zur regionalen Diversifikation sich fortsetzen wird, wobei Rumänien von diesem am stärksten profitieren wird. Bulgarien hingegen hinkt – nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Größe des Markts – noch deutlich hinterher.
UBM-CEO Karl Bier gibt sich zurückhaltender: „Wir sind zwar in Bulgarien und Rumänien präsent, allerdings nur in dem Umfang, den Kundeninteressen erfordern.“

Viele andere Märkte in Südosteuropa befinden sich dagegen noch im Tiefschlaf. Kroatien etwa steht nach wie vor nicht im Fokus internationaler Investoren, die seit sieben Jahren anhaltende Wirtschaftskrise tut ihr Übriges – Angebot und Nachfrage stagnieren. Auch im Nachbarland Serbien bewegt sich wenig. „Sehr interessant wird es sein, inwieweit die verkündeten Investitionen aus dem arabischen Raum tatsächlich umgesetzt werden“, erklärt Wagner. Ähnlich sieht es in Montenegro aus. Das Land leidet unter einer Rezession, es gibt nahezu keine bedeutenden Industrieprojekte, einziger bemerkenswerter Industriezweig ist der Tourismus. Und die Ukraine? Weit gefehlt, wer meint, hier stehe alles still. „Es befindet sich ja nicht das ganze Land im Krieg. Die Firmen, die vor Ort sind, wissen, dass es sich um einen regionalen Konflikt handelt, der die Ostukraine betrifft“, meint Wolfgang Gomernik, Geschäftsführer und Partner Delta Ukraine.
Unternehmen in der West- und Zentralukraine, die in den Westen exportieren und harte Währung dafür bekommen, würden die Gelegenheit für Zu- und Umbauten bei ihren Produktionsstandorten nützen – andere verlegten ihren Unternehmenssitz, betont der Experte: „Sie erkennen das Potenzial des Landes.“ Vom Potenzial der gesamten CEE/SEE-Region ist Wachernig überzeugt: „Die Region befindet sich in einer nachhaltigen Erholungsphase, und wir werden schon sehr bald wieder einen aktiven Transaktionsmarkt und spannende Projekte sehen.“

Info

Von den CEE-Ländern besonders stark zeigte sich im Vorjahr Rumänien. Laut CBRE beliefen sich die Investitionen auf dem rumänischen Immobilienmarkt 2014 auf rund 1,1 Milliarden Euro, wobei alle Segmente gleichermaßen profitierten. Das entspricht einer Steigerung von 220 Prozent im Vergleich zum Jahr 2013 mit einem Volumen von 351 Millionen.

Im CBRE-Ranking überholte Rumänien damit die Slowakei und liegt nunmehr auf dem vierten Platz. Das höchste Investmentvolumen in CEE wies 2014 mit 2,9 Mrd. Euro Polen auf, gefolgt von Russland (2,26 Mrd.) und Tschechien (1, 9 Mrd.).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2015)

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