Erst zustimmen, dann abstimmen: der seltsame Weg der Ärztekammer.
Der Patient und Steuerzahler will ausgeruhte, motivierte Ärzte, gute Betreuung, kurze Wartezeiten – und das relativ kostengünstig. Das alles geht sich im richtigen Leben so nicht immer ganz aus.
Was sich ausgeht, ist ein Kompromiss – zu dem viele Seiten beigetragen haben: die EU, indem sie eine Reduzierung der Arbeitszeit auf 48 Stunden durchgesetzt hat. Die Stadt Wien, die dies nach jahrelanger Schrecksekundenun endlich umsetzt und den Ärzten einen finanziellen Ausgleich angeboten hat, ohne allzu weit vom „Kostenpfad“ abzuweichen. Und letztlich die Ärztekammer, die zugestimmt hat.
Ursprünglich. Denn der rote Kammerpräsident, der den Deal mit seinen Genossen – dem Vernehmen nach aus wahltaktischen Gründen sehr entgegenkommend – ausverhandelt hatte, ließ post festum eine Abstimmung ansetzen. Das erwartbare Ergebnis: Die Spitalsärzte stimmten dagegen. Aus deren Sicht sogar verständlich. Wer lässt sich schon gern etwas wegnehmen?
Nur: Mehr als dieser Kompromiss ist nicht drinnen. Für den Patienten und Steuerzahler bedeutet er: Die Ärzte sind ausgeruhter, die Betreuung ist möglicherweise besser – weil mehr Präsenz am Nachmittag –, die Wartezeiten sind hoffentlich kürzer. Und das zu einem halbwegs akzeptablen Preis. Einziges Manko: Die Ärzte sind demotiviert. Aber das wird schon wieder.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2015)