Hypo: Gefährliche Landesbankomaten

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Wenn man wollte, könnte man Lehren aus der Hypo-Pleite ziehen. Etwa, dass Länder nicht Bankeigentümer spielen sollten und dass wir eine wirklich unabhängige Bankenaufsicht brauchen.

Der Schaden, den die Hypo Alpe Adria im Land angerichtet hat, lässt sich nicht mehr viel verkleinern. Wir wissen unterdessen aber wenigstens ziemlich genau, wie er auf nahezu kriminell unverantwortliche Weise in Kärnten entstanden ist. Und wir wissen auch ziemlich genau, wie und warum er nach der Notverstaatlichung noch beträchtlich vergrößert wurde.

Was wir noch nicht wissen ist, wie man ähnliche Katastrophen künftig vermeiden könnte. Zwar hat die EU glücklicherweise schon 2004 die Länderhaftungen für die Landesbanken per 2007 abgedreht. Und damit natürlich auch die jetzt so viel diskutierte und für einige Länder ziemlich teure solidarische Gewährträgerhaftung der Länder für über die Pfandbriefstelle begebene Hypo-Emissionen. Aber sonst sind die Strukturen, die den Hypo-Skandal so gigantisch werden haben lassen, noch da. Und es gibt noch keine Anzeichen dafür, dass sich daran etwas ändern könnte.

Die wichtigsten davon: Bundesländer sind als Bankeneigentümer ganz offensichtlich nicht geeignet, weil sie Interessen verfolgen, die mit vernünftigem Bankmanagement nicht vereinbar sind. Und die Bankenaufsicht, die sich bei der Hypo, aber auch bei anderen Bankenaffären wie etwa bei der ÖVAG zu Recht einen ordentlichen Totalversagerruf erworben hat, ist weiterhin im politikbeeinflussten Bereich angesiedelt, im Falle öffentlicher Eigentümer also alles andere als unabhängig.

Die Kombination aus politiknaher Eigentümerschaft und politiknaher Bankenaufsicht hat letztendlich für den tödlichen Mix gesorgt, der jetzt die Staatsschulden explodieren lässt, den Budgetpfad gefährdet und den Finanzplatz Österreich in Verruf bringt.

Beginnen wir einmal mit den Eigentümern: Die haben ihre Landesbanken in den wilden Nuller-Jahren nicht nur in Kärnten ganz offensichtlich als Landesbankomaten betrachtet. Was man dem Bund über den Finanzausgleich nicht herausreißen konnte, mussten die Landesbanken liefern. Und zwar nicht nur über die Finanzierung unsinnigster Landesprestigeprojekte.

Einer der Goldesel hieß Landeshaftung: Die war nicht nur dazu da, der eigenen Bank günstigere Refinanzierungen zu verschaffen, sondern vor allem dazu, Haftungsprovisionen für das Land zu generieren. Denn die Banken müssen für von anderen übernommene Haftungen bezahlen. Die nicht nur in Kärnten vollkommen überzogene Haftungsorgie zwischen 2004 und 2007 (der von der EU gewährten Übergangsfrist) hängt unter anderem damit zusammen, dass Länder noch schnell sozusagen auf Vorrat Haftungen für ihre Landesbanken vergaben, bevor diese Quelle versiegte.

Da ging es durchaus um saftige Millionenbeträge. Die übrigens häufig ziemlich sinnlos verbraten wurden. Jörg Haider beispielsweise drückte einmal eine mehrjährige Provisionsvorauszahlung bei der Kärntner Hypo durch – um mit dem Geld die Landesparteienförderung zu erhöhen.

Die hohen Gewährträger-Haftungen der Länder für die Pfandbriefstelle der Hypos haben dann wohl auch bei der Notverstaatlichung durch den Bund 2009 und bei der darauffolgenden aufreizenden (und für die Steuerzahler teuren) Untätigkeit der Finanzminister Pröll und Fekter eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Denn 2009 hätten die Länder für die Kärntner Hypo noch mit 2,4 Mrd. Euro mitgehaftet – also doppelt so hoch wie jetzt. Wer den Aufschrei der Länder nach dem von Finanzminister Hans Jörg Schelling verhängten Heta-Zahlungsmoratorium vernommen hat, kann sich ungefähr vorstellen, wie groß damals der Druck aus den Ländern gewesen sein muss, eine Inanspruchnahme dieser Pfandbriefstelle zu verhindern.

Man sieht: Die Länder haben ihre Hypos teilweise als Melkkühe missbraucht und Ziele verfolgt, die mit Banken-Eigentümerschaft nicht kompatibel sind. Eine Entflechtung der Eigentümerstruktur durch Verkauf oder Fusion könnte diese systemische Schwachstelle beseitigen. Einiges ist ja schon geschehen, aber immerhin drei Landeshypos – die niederösterreichische, die tirolerische und die vorarlbergerische – sind noch mehrheitlich in Landesbesitz. Da besteht Handlungsbedarf.

Den gibt es auch bei der Bankenaufsicht. Die Geschichte der OeNB im Hypo-Skandal ist eine des permanenten Patzens. Da wurden schon lange vor dem legendären „not distressed“ gefällige Gutachten sonder Zahl abgeliefert, die nach außen hin ein völlig falsches Bild vom wahren Zustand der Kärntner Katastrophenbank abgaben. Das wird aber einfach so achselzuckend hingenommen. Und das Schuldbewusstsein der beiden zuständigen Gouverneure (zuerst Klaus Liebscher, dann Ewald Nowotny) geht gegen null.

Bei den Länderhaftungen hat die EU das Problem elegant durch ein schlichtes Verbot gelöst. Bei den Landeshypos kann sie uns weniger helfen: Zwar ist neuerdings für die Bankenprüfung die EZB zuständig, die doch eine etwas größere Distanz zu österreichischen Seilschaften besitzen dürfte. Aber die prüft nur die großen, systemrelevanten Institute. Die Hypos und andere regionale Institute gehören nicht dazu.

Da wäre es Zeit, sich auch über eine wirklich unabhängige österreichische Bankenprüfung Gedanken zu machen. Eine, die verhindert, dass Prüfern diskret vorgegeben wird, was sie in ihre Berichte schreiben dürfen und was nicht.

Wie gesagt: Man könnte Lehren aus dem Hypo-Skandal ziehen, wenn man wollte. Übrigens auch auf gesamteuropäischer Ebene. Die EU ähnelt ja von der Machtstruktur her ein bisschen der Alpenrepublik: starke Länder, schwache Zentralmacht. So wie die Musik dort in Berlin und Paris spielt, und nicht in Brüssel, so spielt sie hierzulande in St. Pölten, Linz, Graz und Innsbruck, und nicht in Wien.

Was in einer solchen Situation die Ausgabe von Eurobonds, für die alle Europäer solidarisch haften, bedeuten könnte, kann man sich gerade am Beispiel der Pfandbriefstelle der Hypobanken ansehen. Ausprobieren sollte man solches eher nicht.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2015)

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