Wie Benjamin Netanjahu noch einmal das Ruder herumriss

Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu waves to supporters at the party headquarters in Tel Aviv
Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu waves to supporters at the party headquarters in Tel Aviv(c) REUTERS (AMIR COHEN)
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In den Umfragen vor der Parlamentswahl hatte es für Israels Premier gar nicht gut ausgesehen. Doch dem Likud-Chef gelang es bei dem Urnengang am Dienstag, das gesamte rechte Lager für sich zu mobilisieren.

Jerusalem. Israel stehen weitere vier Jahre unter der Regierung von Benjamin Netanjahu bevor. Mit 30Mandaten für den Likud und nur 24 für den Herausforderer vom Zionistischen Lager, Yitzhak Herzog, endete die Parlamentswahl am Dienstag. „Wir haben einen großen Sieg für das nationale Lager und für unser Volk erreicht“, jubelte Netanjahu noch in der Nacht. Er sei stolz auf sein Volk, das wisse, was wichtig ist: „wahre Sicherheit, Wirtschaft und sozialer Wohlstand“. All dem sei er verpflichtet. Herzog, Spitzenkandidat des Zionistischen Lagers, wünschte dem Wahlsieger viel Glück. Er selbst wolle die Partnerschaft mit Ex-Justizministerin Tzipi Livni fortsetzen, um gemeinsam eine Alternative zum Likud aufzubauen.

Das Zionistische Lager hatte in den Umfragen lang vorn gelegen. Dass der Likud das Rennen letztendlich doch für sich entschieden hat, ist auf die Stimmen aus dem politischen Rechts-außen-Lager zurückzuführen. Avigdor Lieberman, der scheidende Außenminister, ist mit seiner ultranationalen Partei Israel Beteinu infolge einer Korruptionsaffäre stark eingebrochen. In den vergangenen Tagen wechselten außerdem zahlreiche Wähler von der Siedlerpartei „Das jüdische Heim“ zum Likud. Parteichef Naftali Bennett musste sich mit ganzen acht Mandaten zufriedengeben und blieb damit weit hinter seinen Erwartungen zurück. Netanjahu erklärte nur einen Tag vor der Wahl zum ersten Mal öffentlich, dass es unter seiner Regierung keinen Palästinenserstaat geben werde.

„Die rechtsnationale Regierung hat das Volk davon überzeugt, dass es keine Hoffnung auf einen Frieden gibt“, kommentierte Tamar Sandberg von der linken Meretz, die mit nur vier Mandaten knapp den Einzug ins Parlament schaffte. Parteichefin Sahava Galon zog mit ihrem Rücktritt die Konsequenz aus der Wahlmisere.

Bis um Mitternacht wollte Herzog nicht wahrhaben, dass er den Kürzeren ziehen würde. „Dies ist ein großer Sieg für die Arbeitspartei“, war sein erster Kommentar zu den Hochrechnungen.

Der erneute Rechtsruck kommt so überraschend wie umfassend. Netanjahu wird keine Schwierigkeiten haben, eine Koalition zu bilden. Eine Große Koalition, wie sie ihm Reuven Rivlin ans Herz gelegt hat, ist unwahrscheinlich.

Schon im Vorfeld der Wahlen versprach Netanjahu seinem früheren Parteifreund Mosche Kachlon den Posten des Finanzministers. Kachlon war mit seiner Einthemenpartei Kulanu (Wir alle), die sich mehr soziale Gerechtigkeit zum Ziel setzt, zum ersten Mal zu Wahlen angetreten und erreichte gleich zehn Mandate.

Stabile Mehrheit ohne Linke

Bennetts Siedlerpartei ist natürlicher Partner des Likud, ebenso Avigdor Lieberman. Zusammen mit der orientalisch-orthodoxen Schas und der ultrareligiösen Partei Judentum und Thora kann Netanjahu eine stabile Mehrheitsregierung bilden, in der er Kritik von links nicht zu fürchten braucht.

Die neue Regierung wird sich auf internationaler Ebene noch schwerer tun als bisher. Nie waren die Beziehungen zwischen Israel und den USA schlechter als in den vergangenen sechs Regierungsjahren Netanjahus. Das starre Festhalten am Siedlungsbau im Westjordanland und seine kompromisslose Haltung im Friedensprozess mit den Palästinensern belasteten seit Jahren das Verhältnis latent.

(C) DiePresse

Verlängerung der Eiszeit

Herzog hatte den Besuch im Weißen Haus ganz oben auf seine Agenda geschrieben. Nach Washington wollte er als Erstes reisen, um die eingefrorenen Beziehungen aufzutauen, wäre er Premier geworden. Erschwerend kam Netanjahus offene Sympathie zu den Republikanern dazu und sein Auftritt vor dem US-Kongress, der mit US-Präsident Barack Obama nicht abgesprochen war.

Unter Netanjahu wird sich die Krise zwischen Jerusalem und Washington eher weiter zuspitzen, was besonders prekär werden dürfte, sollte im Sommer ein Atomabkommen mit Teheran erreicht werden. Die Eiszeit behindert die Kooperation zwischen den Regierungen in Jerusalem und Washington, die tendenziell dasselbe Ziel verfolgen. Schon gab Obama Anweisung, Israel nicht wie früher über den letzten Stand der Verhandlungen mit Teheran in Kenntnis zu setzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2015)

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