Lawinenunglück: Österreichische Bergführer in Frankreich verhaftet

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Drei Mitglieder des Österreichischen Alpenvereins kamen in den französischen Alpen ums Leben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die beiden Expeditionsleiter aus Österreich.

Grenoble/Innsbruck. Sie galten als erprobte Skitourengeher und wollten ihr Können bei einer Durchquerung des Écrins-Massivs in den französischen Alpen perfektionieren: Doch für drei junge Alpinisten des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV) endete die Tour mit dem Tod. Ein Wiener, ein Salzburger (22 und 23 Jahre alt) und ein Südtiroler (24) wurden bei einem Lawinenabgang getötet. Ein Tiroler ringt im Krankenhaus von Grenoble mit dem Tod.

Die elfköpfige Gruppe – bestehend aus zwei Bergführern aus Österreich und neun jungen Alpinisten (einem Italiener, einem Deutscher und sieben Österreichern) – war am Mittwoch gegen 14.30 Uhr am Col Emile Pic nahe der Écrins-Hütte in rund 3350 Metern Höhe von einem 80 Meter breiten und 250 Meter langen Schneebrett in die Tiefe gerissen worden. Die Alpinisten hatten zuvor eine Scharte zu Fuß bewältigt. „Die Teilnehmer waren gerade damit beschäftigt, ihre Skiausrüstung anzulegen, als sich das Schneebrett löste“, schilderte ÖAV-Präsident Andreas Ermacora den Unfallhergang. Sechs Teilnehmer wurden komplett, fünf teilweise verschüttet. Sie konnten sich entweder selbst befreien oder bekamen Hilfe von anderen Tourengehern, die sich in der Nähe befanden. Außer der österreichischen Gruppe waren zwei weitere unterwegs. „Und kurz zuvor ist eine deutsche Gruppe abgefahren, ohne dass etwas passiert ist“, sagte Ermacora bei einer Pressekonferenz in Innsbruck. Noch in der Nacht hat der Alpenverein ein Team nach Frankreich geschickt. Botschaftsmitarbeiter sind ebenfalls vor Ort.

Die sieben unverletzten Teilnehmer mussten wegen des anhaltenden starken Windes die Nacht auf Donnerstag gemeinsam mit weiteren Skiwanderern auf der Écrins-Hütte verbringen. Am Donnerstagvormittag wurden sie mit Rettungshubschraubern zu ärztlichen Untersuchungen und zur psychologischen Betreuung in das nächstliegende Krankenhaus von Briançon transportiert.

Am Donnerstagnachmittag wurden die beiden Bergführer aus Österreich in Gap, der Hauptstadt von Hautes-Alpes, verhaftet. Die Staatsanwaltschaft hat eine Untersuchung eingeleitet, die auf fahrlässige Tötung lauten könnte. Nun müsse überprüft werden, ob die Österreicher „alle gesetzlichen Bestimmungen zur Ausübung ihres Berufes“ erfüllen, so der Staatsanwalt Raphael Balland. Reine Routine, hieß es seitens des Alpenvereins gegenüber der „Presse“. Die beiden seien geprüfte Bergführer und damit bestens ausgebildet.

Der Präfekt von Gap, Pierre Besnard, spricht von einem „schwarzen Tag für das Département Hautes-Alpes“. Denn in der Bergregion unweit der Grenze zu Italien haben sich am 1. April gleich zwei Lawinenabgänge ereignet: Im nahen Dévoluy-Massiv starben zwei Freeride-Skifahrer.

Zum Unglückszeitpunkt haben laut Informationen des ÖAV „gute Verhältnisse“ geherrscht. Abdou Martin, der Vorsitzendes des Bergführervereins von Oisans-Écrin, beschreibt die Tücken der derzeitigen Wetterlage: „Wir hatten außergewöhnliche Wetterbedingungen, mit starkem Wind und Schnee nach Wärmephasen.“ Am Wochenende zuvor hatte es noch geschneit, danach kam der Wind. Die Schneedecke sei nicht sehr solide gewesen.

„Eine schöne Frühjahrsroute“

Die Tour durch das Massif des Écrins, auch als Dauphiné bekannt, ist nach Ansicht eines Experten vom Toureninformationssystems des Alpenvereins „eine schöne Frühjahrsroute“. Die Gruppe, seit Samstag unterwegs, bestand aus Teilnehmer des Alpenvereinsprojekts „Junge Alpinisten“. Dessen Ziel ist es, junge Bergsteiger zu selbstständigen Alpinisten auszubilden. „Es ist das Schlimmste eingetreten, was passieren kann“, sagte ÖAV-Präsident Ermacora unter Tränen: „Dass bergbegeisterte Menschen unter unserer Führung zu Tode gekommen sind, macht uns fassungslos.“ (zoe, r. b.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2015)

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