Molteni: Die Tradition der Avantgarde

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Der Name Molteni klebt fest am Mythos des italienischen Möbeldesigns. Eine Ausstellung schaut 80 Jahre zurück.

Als Angelo Molteni 1934 in Giussano, unweit von Mailand, seine kleine Möbelwerkstatt eröffnete, hatte er zwar ehrgeizige Pläne. Doch dass sein Unternehmen achtzig Jahre später ganz oben in der Riege der italienischen Designmöbelhersteller stehen würde, das hätte er sich wohl auch nicht träumen lassen. Eine Ausstellung zeichnet nun eine italienische Erfolgsstory nach, die eng mit dem Mythos italienischen Möbeldesigns verbunden ist. Rechtzeitig zum Salone del Mobile, der größten Möbelmesse der Welt, die die internationale Designszene jährlich in Trance versetzt, eröffnet die Schau „80!Molteni“ in der Mailänder Galleria d’Arte Moderna (GAM). Anhand von 44 Exponaten wird die Geschichte von Molteni nachgezeichnet, von einem Prototypen aus dem Jahr 1955 von Werner Balsen bis zu „Segreto“, einem Schreibtisch von Ron Gilad aus dem Vorjahr.

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Kuratiert hat die Ausstellung der englische Designer Jasper Morrison. Die Auswahl der Exponate war keine leichte: Schließlich hat Molteni einige Klassiker im Repertoire, etwa den Stuhl „Monk“ von Afra und Tobia Scarpa, das Schranksystem „Piroscafo“ von Luca Meda, den Tisch „Arc“ von Norman Foster und das Bücherregal „Graduate“ von Jean Nouvel. „Auch weil die Auswahl so schwierig sein würde, haben wir uns für Morrison entschieden. Wir wollten quasi einen neutralen Juror, der noch nie für uns gearbeitet hat“, erklärt Gulia Molteni, die Enkelin des Gründers, die heute für das Marketing verantwortlich ist. „,80!Molteni‘ ist eine multimediale Ausstellung, anhand der man einen Blick hinter die Kulissen werfen kann. Vom Gründungsjahr bis in die heutige Zeit“, erklärt Giulia Molteni.

Ursprünge. Der Großvater Angelo Molteni hatte das Handwerk von seinem Onkel erlernt. Nicht nur dafür besaß er Talent, sondern auch für das Geschäft: So gelang es ihm, schon Anfang der 1940er-Jahre seine kleine Werkstatt in ein Unternehmen zu verwandeln. „Er war ein Visionär, der immer einen Schritt weiter war“, sagt Giulia Molteni, „in den 1950er-Jahren begann er mit der Serienproduktion und holte dafür gleich Architekten dazu.“ Architekten hatten zwar auch schon vorher Möbel entworfen, Piero Portaluppi etwa oder Giò Ponti. Ihre Auftraggeber entstammten aber zum Großteil dem Mailänder Großbürgertum – mit Molteni wurden nun Unternehmen zu Auftraggebern, die Möbelentwürfe bei den Gestaltern bestellten, um sie in Serie zu produzieren.

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Die traditionelle Kollektion von Molteni bestand damals hauptsächlich noch aus Stilmöbeln, insbesondere fürs Schlafzimmer: „Bis heute ist es für die meisten Italiener noch das Sancta Sanctorum einer Wohnung“, meint Giulia Molteni. Innerhalb kürzester Zeit wurde das Unternehmen zum Marktführer in Italien. Und als nach dem wirtschaftlichen Aufschwung in den 1950er-Jahren auch andere gesellschaftliche Schichten plötzlich über Budgets fürs Wohnen und Einrichten verfügten, erweiterte Molteni die Produktpalette, aus einem einzelnen Produktionsbetrieb wurde die Gruppo Molteni, die heute noch immer im Familienbesitz ist. Dazu gehören auch die Marken Dada und Citterio. Sowie Unifor, mit der man bereits 1969 den Sprung in die Sparte der Büromöbel wagte.
Heute gehören zum Portfolio der Contract Division auch die Ausstattungen der „New York Times“-Büros, des Teatro La Fenice in Venedig, der Cartier-Boutique in Paris, sowie des Izaki Tower in Mailand und des Luxuskreuzers Queen Victoria.

Ortstreu. Trotz internationaler Orientierung blieb Molteni den geografischen Ursprüngen und der Produktionskultur vor Ort treu: „Hier haben wir rund um unsere Produktionsstätte, im Umkreis von knapp zehn Kilometern, noch immer die besten Schmiede, Steinmetze und Stofffabrikanten. Das sind Traditionshandwerke, die hier in der Brianza schon im 18. Jahrhundert Wurzeln geschlagen haben“, erklärt Giulia Molteni.

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Das tradionelle Erbe versteht das Unternehmen der Gegenwart auch als Auftrag für die Zukunft: „Deshalb hat mein Vater, als sich die Erben von Giò Ponti an uns wandten, und vorschlugen, Produkte des Meisters wieder herzustellen, sofort zugesagt.“ Seit 2012 bringt Molteni in der Collezione Giò Ponti jedes Jahr ein, zwei seiner Produkte wieder auf den Markt.

Die Ausstellung „80!Molteni“ findet in der Galleria d’Arte Moderna statt, die in der Villa Reale, einem neoklassizistischen Bau aus dem 18. Jahrhundert, untergebracht ist. Dort befindet sich eine der wichtigsten Sammlungen der italienischen Kunstavantgarde des frühen 20. Jahrhunderts. Gemälde der Futuristen Filippo Tommaso Marinetti, Giacomo Balla, Umberto Boccioni oder Carlo Carrà hängen dort. In ihren Werken stellten die Künstler des Futurismus ihre Faszination für den technischen Fortschritt dar. Ähnlich dachte Angelo Molteni, weswegen er 1961 auch zu den begeisterten Gründern des Salone del Mobile gehörte, der Mailänder Möbelwoche, die in diesem Jahr am 14. April startet.

Tipp

Runder Geburtstag. Molteni feiert sein Firmenjubiläum mit der Ausstellung: „80! Molteni“ in der Mailänder Galleria d’Arte Moderna, Milano Via Palestro 16, vom 14. April bis 30. Juni 2015; www.molteni.it

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