Crowdfunding: "Es wird Skandale geben"

Hans Peter Haselsteiner
Hans Peter Haselsteiner Die Presse
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Hans Peter Haselsteiner hat mit anderen Investoren 250.000 Euro in das Getränke-Start-up Kaahée von Julian Juen investiert. Ein Gespräch über Geld und was Investor und Unternehmer voneinander lernen können.

Herr Haselsteiner, Herr Juen hat mit Crowdfunding innerhalb von zwölf Tagen 250.000 € eingenommen. Die Regierung plant, diese Art der Finanzierung leichter zu machen. Wie halten Sie von Crowdfunding?

Hans Peter Haselsteiner: Wenn ein neues Gesetz Crowdfunding weniger bürokratisch macht, dann ist es sicher eine hervorragende Geldquelle für Start-ups. Was nichts daran ändert, dass es natürlich Skandale geben wird. Es wird Gauner geben, die das Instrument missbrauchen. Es werden manche auf das falsche Pferd setzen, weil sie das Risiko unterschätzen und weil sie sich von Emotionen leiten lassen und weniger vom Verstand. Trotzdem, glaube ich, ist es ein wirklich gutes Instrument – für beide Seiten.

Julian Juen: Die Änderungen im Crowdfunding waren überfällig, aber es gibt mehr zu tun. Die Regierung muss den Kapitalmarkt auf Vordermann bringen. Viele Jungunternehmer stecken in einer Finanzierungsklemme und kämpfen um das wenige Kapital.

Konkrete Vorschläge?

Juen: Ich denke, man muss die Equity- oder eine Risikokapitalfinanzierungskultur attraktiver machen. Man muss Rahmenbedingungen schaffen, etwa über Steueranreize.

Haselsteiner: Das Allerwichtigste ist eine Entbürokratisierung. Wenn der Strabag-Konzern eine 300-Millionen-Anleihe platziert, dann braucht man ein Prospekt, ein Rating, einen Wirtschaftsprüfer. Das alles kostet 500.000 Euro. Bei einem kleinen Unternehmen geht das nicht. Es kann ja nicht ein, zwei Prozent, von dem Betrag, den es einsammelt, an Kosten haben.

Apropos einsammeln. Sie haben selbst in Kaahée investiert. Worauf achten Sie, wenn Sie in ein Start-up investieren?

Haselsteiner: In erster Linie auf die Menschen, die dahinterstehen. Ist der Unternehmer überzeugend und ist er bereit, alles andere hintanzustellen. Herr Juen war glaubhaft. Wenn er sagt: Jawohl, mein Lebensinhalt ist die Kaktusfeige (ein Bestandteil seines Getränkes, Anm.), dann weiß ich, der wird seine ganze Kraft zur Verfügung stellen.

Business Angel investieren nicht nur ihr Geld, sondern auch ihre Erfahrungen. Was kann Herr Juen von Ihnen lernen?

Haselsteiner: Ich glaube, nicht allzu viel. Den einen oder anderen Tipp wird er schon mitgenommen haben. Aber es gibt ihm vielleicht eine gewisse Ruhe, wenn er jederzeit zum Hörer greifen und anrufen kann.

Juen: Im Unternehmensaufbau und Finanzierungsbereich kann ich sicher von Herrn Haselsteiner lernen. Die Bereiche sind bei uns ganz essenziell.

Was raten Sie dem Herrn Juen zur geplanten Expansion nach Deutschland?

Haselsteiner: Die Hausaufgaben zu machen. Wir brauchen einen Marketingplan, da muss natürlich die Finanzierung parallel sein. Es darf uns in dieser Kampagne nie die Luft ausgehen, weil das wäre gerade bei so einem Produkt schädlich. Aber man darf auch nichts übertreiben. Keine Euphorie, sondern immer schön brav auf der sicheren Seite planen und bleiben und sich danach positiv überraschen lassen.

Das klingt ja fast konservativ.

Haselsteiner: Ich bin ein wahnsinnig konservativer Mensch, wenn es um Finanzierung geht.

Die Westbahn, die ja auch ein Start-up ist, war aber kein konservatives Projekt.

Haselsteiner: Aber sie ist konservativ finanziert. Wenn ich es mir nicht leisten kann, würde ich es nicht tun. Ich würde sehr ungern in etwas investieren, bei dem ich danach sage, das habe ich ja gar nicht berechnet.

Die Neos, die Sie unterstützen, haben sich das Thema Start-ups von der ÖVP, allen voran von Staatssekretär Harald Mahrer und Außenminister Sebastian Kurz, aus der Hand nehmen lassen. Wie konnte das passieren?

Haselsteiner: In der Politik ist es immer so: Wenn jemand eine gute Idee hat, dann wird sie vom politischen Mitbewerber gern aufgenommen. Was habe ich mir den Mund fusslig geredet über die Grundsicherung? Aber heute ist sie zum Teil umgesetzt, wenn auch nur holprig. Und so gibt es viele Themen. Die ÖVP hat als Regierungspartei natürlich ganz andere Instrumente. Vielleicht entsteht so der Eindruck, wir hätten es uns wegnehmen lassen. Wir sind aber glücklich, wenn etwas weitergeht.

Was ist mit Ihren politischen Ambitionen, Herr Juen? Immerhin waren Sie Bundessprecher der Jungen Liberalen.

Juen: Im Moment liegt mein Fokus auf Kaahée. Ich bin zwar ein politisch denkender Mensch, und mein Herz blutet für die liberale Sache, aber ich kann mich nicht zweiteilen.

Rückblickend gesehen, was haben Sie als Unternehmer gelernt?

Haselsteiner: Das Wichtigste war mir immer: Such dir gute Leute, die für deine Sache kämpfen. Unternehmerischer Erfolg ist nicht umsetzbar als Soloturner. Man braucht ein Team, auf das man sich verlassen kann und das gut funktioniert. Und man braucht auch die unbequemen Mitarbeiter. Nicht die, die einem immer nur nach dem Wort reden.

Kaktus- Getränk

Kaahée ist ein Getränk, in dem ein Prozent konzentrierte Kaktusfeige enthalten ist. Sie soll gegen Hangover helfen. Innerhalb von zwölf Tagen hat Juen auf der Crowdfunding-Plattform Conda 250.000 Euro von 300 Investoren aufgestellt. Hans Peter Haselsteiner hat im Zuge der Puls4-Show „2 Minuten, 2 Millionen“ in das Start-up investiert.

Steckbrief

Unternehmer Hans Peter Haselsteiner
hat in Kaahée investiert.

Julian Juen will mit dem Investment den deutschen Markt erobern. Daniel Novotny

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2015)

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