Mama schießt scharf: Eltern probieren Games aus

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Bei der ersten Eltern-LAN konnte eine Handvoll Mütter, Väter und Großeltern selbst erfahren, womit ihre Sprösslinge sich die Zeit vertreiben. Vielen fehlt das Verständnis, was ihre Kinder an Computerspielen mögen.

Dass Jugendliche ihren Spaß an Computerspielen haben, ist nicht neu. Dass ihre Eltern und Großeltern aber bei einer Partie Counter-Strike mitmachen, passiert eher selten. Genau das versuchte nun aber eine Handvoll Erziehungsberechtigter am vergangenen Donnerstag auf der ersten sogenannten Eltern-LAN. LAN steht für „Local Area Network“. Wenn sich Computerspieler versammeln und ihre Rechner zusammenschließen, entsteht eine LAN-Party – Durchschnittsalter üblicherweise um die 20 herum. Bei der Eltern-LAN lag es eher bei 50.

Den Teilnehmern der Veranstaltung wurden drei Spiele vorgeführt: ein Rennspiel, ein Strategiespiel und ein Ego-Shooter. Weil es besonders nach den Amokläufen deutscher Jugendlicher oft in den Schlagzeilen ist, wählten die Organisatoren für den letzten Punkt Counter-Strike 1.6 aus. Berührungsängste mit der Technik hatten die Teilnehmer des Events nicht, einige dafür mit der Materie. Sonja ist eigentlich nur hier, weil ihre Kinder (10 und 11 Jahre) spielen. „Man kommt heute nicht um das Thema herum“, begründet sie ihre Motivation, an der Eltern-LAN teilzunehmen. Sie steht dem Thema Computerspiele skeptisch gegenüber. Dennoch legt sie beim Rennspiel die zweitbeste Rundenzeit hin.

Eltern fehlt Verständnis. Ziel der Veranstaltung war es, bei Eltern mehr Bewusstsein für Computerspiele zu schaffen – und ein wenig zu lernen, was ihre Kinder eigentlich die ganze Zeit vor dem PC oder der Spielkonsole so treiben. Unterstützt wurde die Eltern-LAN auch von der Bundesstelle für Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen (BuPP). Herbert Rosenstingl, Projektleiter bei der BuPP sieht es als unablässig, dass sich Eltern mehr mit ihren Kindern auseinandersetzen – gerade beim Thema Computerspiele. Oft fehle auch das Verständnis für die Spieletätigkeit als solches, meint Rosenstingl. Und ergänzt: „Im Gegensatz zu Filmen und Fernsehsendungen besteht bei Computerspielen ein großer Unterschied zwischen dem, was man auf dem Bildschirm sieht, und dem, wie man das Spiel selbst erlebt.“

Als „sehr unrealistisch“ erlebt der 60-jährige Gerhard das Rennspiel. Er wünscht sich ein System, das den Spieler bestraft, wenn man seinen Wagen beschädigt. „Ich hab sicher schon vier, fünf Autos demoliert und fahr immer noch“, erzählt er. Im Alltag würde er natürlich nicht so fahren. Von Beruf ist er Lehrer und unterrichtet Mathematik sowie Physik. Seine Söhne sind bereits erwachsen, haben früher viel gespielt. „Aber ich seh das nicht negativ“, sagt er. „Früher hat man auf das Fernsehen geschimpft, jetzt auf die Computerspiele. Die Argumente sind dieselben geblieben.“

Feuer frei! Der potenziell kontroverse Part kam aber erst. Gegen Ende der Eltern-LAN wurde nämlich der Ego-Shooter Counter-Strike gestartet. Nach einer kurzen Einschulung ging es dann auch mitten ins Gefecht. Viele waren aber mit der Steuerung heillos überfordert. „Das ist ganz schön schwer“, gibt Christine zu. Sie ist als Vertretung für ihre Schwiegertochter hier. „Mein Enkel spielt sehr viel“, erklärt sie. Sie wollte herausfinden, „was Kinder so süchtig danach macht“. Diese Antwort fand sie zwar nicht. Dennoch ist sie überzeugt, dass sich Eltern stärker mit Computerspielen auseinandersetzen sollten.

Ob es für sie ein Problem war, während der Counter-Strike-Partie auf Menschen zu zielen und abzudrücken? „Das war für mich nie ein Mensch“, meint die rüstige 66-Jährige. Und sie fügt hinzu: „Ich muss aber sagen, das hat mich selbst überrascht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2009)

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