Bier ohne Alkohol

Es gilt als geschmacklich minderwertig. Aber kann man den Unterschied zwischen echtem und alkoholfreiem Bier im Blindversuch überhaupt erkennen?

Lang waren die Gesichter an der Corniche in Muscat. In keinem einzigen Lokal der Hauptstadt des Sultanats Oman war Bier aufzutreiben. Lediglich eine Flasche Barbican wurde zum Essen gereicht – alkoholfrei. Mundwinkel bei Fuß dachte die Reisegruppe an daheim, an echtes Bier. Aber auch hierzulande haftet Bier ohne Alkohol der Nimbus des Minderwertigen an. Es schmeckt halt doch anders. Aber – tut es das wirklich? Vor allem, merkt man den Unterschied, wenn man nicht weiß, was im Glas ist?

Die Versuchsanordnung ist naheliegend. Vier Dosen Bier, zwei mit, zwei ohne Alkohol. Dazu eine Augenbinde und eine Assistentin, die die mit Nummern versehenen Gläser in willkürlicher Reihenfolge reicht. Ein bisschen wie in „Wetten, dass..?“, nur ohne Publikum.

Beim ersten Schluck macht sich ein gewohnter Geschmack breit – und die Erkenntnis, dass Alkohol in Bier vielleicht doch nicht so leicht zu erahnen ist. Es wird also eine Gefühlsentscheidung. Ja, das muss echtes Bier sein. Das nächste Glas schmeckt nicht viel anders. So, wie es aussieht, fehlt mir zum Biersommelier also doch noch einiges. Also wieder ein Urteil aus dem Bauch heraus – vermutlich also auch mit Alkohol. Objekt Nummer drei liegt etwas anders auf der Zunge – also alkoholfrei. Sagen wir mal. Erst das vierte Bier weckt Assoziationen – als ehemaliger Simmeringer kennt man das Bier aus der niederösterreichischen Nachbargemeinde natürlich. Also, auch wenn es etwas wässrig ist, da muss Alkohol drin sein.

Gut, Übung also vorbei... Nein, die Assistentin reicht noch ein Glas. Eines muss also doppelt gewesen sein. Wie auch immer, Urteil: alkoholfrei.


Das Ergebnis. Als ich die Augenbinde ablege, ist am Gesicht der Assistentin ein breites Grinsen zu sehen. Es folgt der Blick auf die Liste mit den richtigen und falschen Antworten. Und ein Hauch von Ernüchterung – wenn es die nach fünf Schluck Bier überhaupt schon geben kann. Viermal falschgelegen, alkoholfrei für alkoholisch gehalten und umgekehrt. Nur eine einzige Punktlandung beim alten Bekannten aus Niederösterreich. Ein wenig fühle ich mich wie Harald Krassnitzer, der seinerzeit als Testimonial für koffeinfreien Kaffee ebenso danebengegriffen hat. „Das könnt ihr nicht mit mir machen“, war damals seine Aussage, die jetzt wieder in mein Bewusstsein dringt.

Was lernen wir daraus? Vermutlich, dass schon allein die Packung und die Bezeichnung viel ausmachen. Dass manche Dinge ihr schlechtes Image nur dann loswerden, wenn man ohne vorgefertigte Meinung an sie herangeht. Und dass ich eine Karriere als Bierpapst wohl ausschließen kann. Aber an einem halte ich weiterhin eisern fest: Coca-Cola light schmeckt furchtbar.

E-Mail: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2009)

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