Le Pen: Ein paar Goldbarren und Provokationen zu viel

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Bei den Le Pens hängt der Haussegen schief. Marine Le Pen, Chefin des Front National, drängt ihren Vater Jean-Marie nach mehreren Eklats ins Abseits. Er muss sich vor dem Parteitribunal verantworten.

Als ob sich alles gegen ihn verschworen hätte, muss sich Jean-Marie Le Pen nun auch noch wegen illegaler Bankkonten rechtfertigen. Der Gründer des rechtsextremen Front National (FN) hatte sich mit neuen provokativen Äußerungen in der eigenen Partei ins Abseits gestellt und seine Tochter, Parteichefin Marine Le Pen, in arge Verlegenheit gebracht. Das Onlineportal Mediapart enthüllte, er habe mithilfe einer Schweizer Bank einen „Schatz“ aus Goldbarren und -münzen im Wert von 1,7 Millionen Euro auf den Bahamas versteckt.

Zuvor hatte Le Pen die Existenz eines 1981 eröffneten Geheimkontos in Genf zugeben müssen. Hinter dem jüngsten Skandal vermutet er einen Generalangriff seiner Feinde gegen ihn, seine Familie und die Partei – für ihn ein und dasselbe.

Heute muss der 86-jährige Patriarch vor dem Exekutivbüro seiner Partei zudem wegen seiner jüngsten Tiraden in der rechtsextremen Zeitung „Rivarol“ Rede und Antwort stehen. Wieder einmal hatte er die Judenvernichtung in den Gaskammern als „Detail“ der Geschichte des Zweiten Weltkrieges verharmlost. Auch wegen der darin geäußerten Sympathien für Marschall Pétain, den Chef der Kollaboration mit Hitler, muss Le Pen womöglich mit einem Verweis oder gar Sanktionen rechnen.

Den Platz als Spitzenkandidat bei den Regionalwahlen an der Côte d'Azur im Dezember musste er bereits an seine eigene Enkelin, Marion Maréchal-Le Pen, abtreten. Sie gilt als neuer Star der extremen Rechten und steht ihm politisch viel näher als seine jüngste Tochter Marine. Als Chefin wollte diese den FN, den ihr Vater als Sammelpartei von Rechtsradikalen, Nostalgikern und Ultranationalisten konzipiert hatte, zu einer respektablen Volkspartei mit Regierungsambitionen ummodeln – ohne freilich an Programm und Ideologie wesentliche Abstriche zu machen.

Sanktion als Affront

Nachdem sich Jean-Marie Le Pen am Freitag beim traditionellen Aufmarsch des FN zu Ehren der Nationalheiligen Jeanne d'Arc eine weitere Provokation geleistet hatte, indem er während der Ansprache seiner Tochter auf die Rednertribüne stieg, um sich bejubeln zu lassen, wünscht jetzt Marine Le Pen, dass sich ihr unberechenbarer Vater nicht mehr im Namen der Partei äußern dürfe. Trotzdem legt er vor dem Auftritt vor dem Parteitribunal demonstrative Gelassenheit an den Tag. Wer im FN wird sich erdreisten, ihn anzuklagen oder ihn gar auszuschließen? Jede echte Sanktion wäre für ihn ein Affront. In keiner anderen Partei kann ein Politiker vergleichbare Besitzansprüche oder Privilegien geltend machen.

Jetzt muss Marine Le Pen den Eindruck haben, dass ihr Vater mit seinen Provokationen absichtlich den Bruch herbeiführen wollte. Damit hat er eine Abgrenzung durch seine Tochter erzwungen. Das kann im Übrigen für sie nur Vorteile haben, während ihr Vater sich schon seit Langem über die „Normalisierung“ seiner Partei und vor allem den wachsenden Einfluss von Homosexuellen an der Seite seiner Tochter echauffierte. Die Parteiführung wiederum scheint nicht gewillt zu sein, sich vom Alterspräsidenten einschüchtern zu lassen.

Der denkt allerdings nicht daran, sich einen Maulkorb umhängen zu lassen – schon gar nicht von der eigenen Tochter. Es sieht so aus, als würde der alte Haudegen bereits auf die nächste Generation setzen – seine Enkelin Marion.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2015)

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