Jean-Marie Le Pen, der Gründer des Front National, spaltet sich mit eigener extremer Organisation ab.
Paris. Der ehemalige Vorsitzende des Front National (FN), Jean-Marie Le Pen, will sich nicht damit abfinden, dass ihn die Parteileitung unter Führung seiner eigenen Tochter Marine zum Schweigen verurteilt hat. Da der bald 87-Jährige nicht mehr im Namen des FN reden darf, möchte er eine eigene politische Organisation bilden, in der ihm keiner einen Maulkorb umhängen kann.
Ihm schwebe dazu weniger eine „Partei“ vor, die dem FN Konkurrenz machen solle, sondern eher eine Art „Freundschaftsvereinigung“, sagte Le Pen im Radio. Er versteht sich als Gralshüter der Orthodoxie rechtsextremer Ideen, die er „seit Jahrzehnten“ verteidigt habe und die es als politische Linie wiederherzustellen gelte. In diesem Sinn solle seine Bewegung eine Art „Fallschirm gegen das Desaster“ und die ideologische Abweichung sein, die er an der heutigen FN-Führung kritisiert.
Er hat auch erklärt, mit dem derzeit eingeschlagenen Kurs sei der FN „noch meilenweit von den Toren der Macht entfernt“. Der Bruch mit der FN-Parteichefin, Marine Le Pen, war schon so vollzogen. Laut FN-Mitgliedern reden der Vater und die Tochter nicht mehr miteinander. Jean-Marie Le Pen hat sich öffentlich von der Partei distanziert, in der er sich nicht wiedererkennen könne. Er hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, dass es die Parteileitung wagen würde, ihn wegen seiner provokativen Äußerungen über Marschall Pétain und die Judenverfolgung öffentlich zu tadeln und schließlich als Mitglied zu suspendieren.
Front National bleibt kühl
Eher gelassen nimmt man beim FN die Aussicht, dass der Gründervater und Ehrenpräsident der Partei seine Anhänger separat organisieren will. „Wenn Jean-Marie Le Pen eine eigene Partei bilden will, soll uns das recht sein“, relativiert FN-Schatzmeister Wallerand de Saint-Just. „Damit kann er die Typen der radikalen Rechten um sich scharen, und wir haben uns nicht mehr damit zu belasten.“ (r.b.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2015)