Kameras für die Polizeiuniform: Pilotversuche starten

In den USA sind einige Polizeibehörden mit Körperkameras ausgestattet. Sie sollen Transparenz für Bürger schaffen.
In den USA sind einige Polizeibehörden mit Körperkameras ausgestattet. Sie sollen Transparenz für Bürger schaffen. REUTERS
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In Wien und zwei weiteren Bundesländern starten bald Versuche mit sogenannten Bodycams. Zweck: Deeskalation im Vorfeld und Beweissicherung bei Zwangsmaßnahmen.

Wien. War diese oder jene Festnahme wirklich gerechtfertigt? Fielen Schimpfworte? Stammen die Blutergüsse im Gesicht der Demonstrantin von einem – behaupteten – brutalen Vorgehen eines Polizisten? Oder sind die Hämatome bei einer völlig anderen Gelegenheit entstanden, vielleicht sogar schon vor der Amtshandlung?

Der Verdacht, Österreichs Polizisten fehle inzwischen bei zu vielen Einzelfällen das nötige Fingerspitzengefühl bei der Durchsetzung von Zwangsmaßnahmen, wurde in den vergangenen Monaten und Jahren öffentlich mehrfach debattiert. Manchmal sachlich, häufig emotional. Um Vorwürfe in Zukunft objektiv aufarbeiten zu können, wird die Exekutive ab demnächst bestimmte Einsätze – und das aus der Sicht des einzelnen Polizisten – mitfilmen und aufzeichnen.

Kein Filmen im Streifendienst

Der Plan ist, die betroffenen Beamten mit Körperkameras, häufig auch Bodycams genannt, auszustatten. Im Innenministerium ist eine Projektgruppe mit der Planung von Pilotversuchen beschäftigt, in deren Rahmen diese tiefgreifende Veränderung der Polizeiarbeit erprobt werden soll. Derzeit sind nach „Presse“-Recherchen Bodycam-Einsätze in Wien und zwei anderen Bundesländern geplant. Welche das sein werden, ist noch nicht entschieden.

Ausgeschlossen sei aber, das sagt ein Projektbeteiligter, dass die Kameras im normalen Streifendienst sozusagen alles und jeden permanent aufzeichnen. Vielmehr sei vorgesehen, dass die mit Kameras ausgerüsteten Polizisten ihre Geräte dann auf „Aufzeichnen“ schalten, wenn – salopp formuliert – Ärger zu erwarten ist. Zum Beispiel im Rahmen von Einsätzen bei Demonstrationen oder anderen Großveranstaltungen.

Nach den Plänen des Innenressorts sollen die neuen Geräte zwei Zwecke erfüllen. Erstens: Beweissicherung. Zweitens: Vorbeugung.

Gut sichtbar getragen

Körperkameras, die auch den Ton mitschneiden, werden nämlich bewusst gut sichtbar getragen. Stehen sich Polizist und Demonstrant gegenüber, soll allein das Wissen darüber, dass der direkte Kontakt miteinander aufgezeichnet und im Konfliktfall ausgewertet wird, Übergriffe oder gegenseitige Beschimpfungen von vornherein vermeiden. Und das auf beiden Seiten.

So werden die Kameras in den USA an Uniformen angebracht
So werden die Kameras in den USA an Uniformen angebrachtREUTERS

Das auslösende Moment für das Vorhaben waren die Polizeieinsätze im Rahmen der Demonstrationen gegen den Akademikerball der Wiener FPÖ sowie die Auseinandersetzungen mit Personen, die 2014 – ebenfalls in Wien – gegen eine Kundgebung der rechts-außen Jugendbewegung der Identitären protestierten. Damals warfen insbesondere Vertreter linker Gruppierungen der Exekutive unmäßigen Gewalteinsatz vor. Das hatte zur Folge, dass im Rahmen der anschließenden öffentlichen Debatte die Grünen die Einführung von „Nummernschildern“ für Polizisten forderten. So sollten beobachtete Verfehlungen von Beamten im Nachhinein leichter – und vor allem eindeutig – zugeordnet werden können. Die Polizeigewerkschaft sprach sich dagegen aus und argumentierte, dass das die bewusste Denunzierung von Einsatzkräften begünstigen würde.

Das Innenministerium entschied sich nun für die Körperkameras als Kompromiss. Die rechtliche Grundlage dafür wird – im Rahmen der Reform des Staatsschutzes – ins Sicherheitspolizeigesetz geschrieben. Die Regelung sieht vor, dass die Videoaufzeichnungen nur zur Aufklärung von Straftaten sowie zur Aufklärung der Rechtmäßigkeit einer Amtshandlung verwendet werden dürfen. Tritt beides innerhalb von sechs Monaten nicht ein, müssen die Aufnahmen gelöscht werden.

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