French Open: Thiems Zeit der Talentproben ist vorbei

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Dominic Thiem hat mit seinem Premierensieg in Nizza den nächsten Schritt gemacht. Das neu gewonnene Selbstvertrauen zeigt sich nun auch in Paris.

Zahlen lügen nicht, schon gar nicht bei den French Open in Paris. Die Weltrangliste wies Dominic Thiem am Montag auf Rang 31 aus, noch nie zuvor war der Niederösterreicher besser klassiert. Stolz setzte er um die Mittagszeit seine über 33.000 Fans auf Facebook darüber in Kenntnis. Der Aufstieg ist die Folge seines Premierenerfolgs in Nizza, bei seinem zweiten Finale nach Kitzbühel 2014 hatte es mit dem ersehnten ersten Coup geklappt. „Ich bin sehr froh, dass ich das hinter mir habe“, sagte Thiem strahlend. „Je früher, desto besser.“ Thiem ist der neunte Österreicher, der ein ATP-Event gewinnen konnte, nach Thomas Muster (18) und Horst Skoff (19) ist er der drittjüngste.

Der Bresnik-Schützling war seiner Zeit immer schon ein wenig voraus. Er schaffte es als Teenager bis auf Rang zwei der Jugend-Weltrangliste, erntete ob seiner spektakulären Spielweise früh Lob von Experten wie dem ehemaligen Agassi-Coach Brad Gilbert, der ihm eine goldene Zukunft prophezeite. Thiem wusste mit Lob immer geschickt umzugehen, es richtig einzuschätzen. Dass Gefühl für Ball und Schläger allein nicht ausreichen werde, dem war sich der Rechtshänder stets bewusst, schon zu viele Talente waren auf dem Weg nach oben mitunter kläglich gescheitert.

Von Ausreißern nach oben

Freilich ging es für Thiem nicht immer nur bergauf. Seine Entwicklung geriet Anfang des Jahres sogar ins Stocken, nachdem im Winter Bundesheer und Krankheit eine optimale Saisonvorbereitung in Teneriffa unmöglich machten. Die ersten Turniere 2015 verliefen längst nicht nach Wunsch, erst in Miami (Viertelfinale) Ende März schöpfte er wieder sein volles Potenzial aus. Nach intensiven Sand-Einheiten mit Roger Federer folgte in Monte Carlo ein weiteres enttäuschendes Erstrunden-Aus. Doch Thiem hatte den Glauben an sich und seine Fertigkeiten nie verloren. „Ein Ausreißer nach oben ist immer möglich“, sagte er im Fürstentum gegenüber der „Presse“. Ein solcher glückte ihm nun sechs Wochen später im nur knapp 20 Kilometer von Monte Carlo entfernten Nizza. „Für mich war das fast überfällig, wenn man sieht, über welche Fähigkeiten er verfügt“, bemerkte Davis-Cup-Kapitän Stefan Koubek in Paris.

Die Zeit der Talentproben ist vorbei. Thiem ist auf der Tour angekommen, bei arrivierten Spielern ein geschätzter Trainingspartner und gefürchteter Konkurrent. Das Wissen, nicht nur einzelne Matches, sondern Turniere gewinnen zu können, ist von immenser Bedeutung. Es befreit nicht nur den Geist, auch mancher Schlag wirkte plötzlich viel leichter.

In Paris strotzte Thiem am Montag schon beim morgendlichen Einschlagen auf dem Center Court mit Gilles Simon vor Selbstbewusstsein. Er traf den Ball sauber, mühelos. Über weite Strecken seines Erstrundenmatches gegen den Briten Aljaž Bedene war ihm das Vertrauen in seine Schläge auch erneut anzusehen. Er dominierte den Weltranglisten-75., dem er zwei Monate zuvor bei einem Challenger noch unterlegen war. Doch nach zwei Sätzen schien eher das Konzentrationsvermögen denn die Kräfte zu schwinden. Es mehrten sich unerzwungene Fehler, Bedene erwirkte nach der Abwehr eines Matchballs im Tiebreak des dritten Satzes einen vierten Durchgang, in welchem Thiem ein frühes Break zum letztlich verdienten Erfolg – 6:3, 6:4, 6:7 (6), 6:3 – verhalf.

Österreichs Nummer eins hat damit sein Ergebnis aus dem Vorjahr egalisiert, als er in der zweiten Runde an Rafael Nadal scheiterte. Die Chancen auf einen weiteren Matchgewinn sind heuer jedoch weitaus besser. Der nächste Kontrahent heißt nicht Nadal, sondern Pablo Cuevas. Der Uruguayer ist Nummer 24 der Weltrangliste.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2015)

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