Die ÖVP ist gegen die Öffnung der Ehe. FPÖ und Team Stronach würden darüber abstimmen lassen.
Wien. Die Zeit bis zum 12. Mai war eine angenehme für die ÖVP. Zumindest was das Thema Homosexualität angeht. Auf alle dazugehörigen Fragen, die politisch heikel sein konnten, gab es immer wieder dieselbe Antwort: Das werde man im Zuge der Programmreform besprechen. Eine Entscheidung werde erst am Ende des sogenannten Evolutionsprozesses stehen. Und niemand werde sich anmaßen, vor dem Abstimmungstag – eben dem 12. Mai – der Debatte vorzugreifen, hieß es.
Am Reformparteitag einigte man sich auf einen Kompromiss. Und zwar zwischen dem gesellschaftspolitisch liberalen Teil der ÖVP, der prinzipiell kein Problem mit der Öffnung der Ehe hätte, und dem konservativen Kern, der die Ehe ausschließlich für Mann und Frau weiter bestehen lassen möchte. Und das liest sich so: Nach einem Bekenntnis zur „Familie mit Kindern (Vater, Mutter, Kind)“ als Leitbild spricht man sich auch für „andere Formen des Zusammenlebens“ aus, die man „respektiert und anerkennt“ – „Patchwork-Familien, Alleinerziehende, gleichgeschlechtliche Partnerschaften und andere.“
Ein Ja zur Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ist das also nicht. Und daran wird sich wohl so schnell auch nichts ändern. Allgemein spricht man in der ÖVP noch immer nicht allzu gern über das Thema. Auf die Frage, ob man sich eine Volksabstimmung dazu– nach irischem Vorbild – in Österreich vorstellen könne, weicht man aus: Die Frage stelle sich nicht, da niemand eine solche Initiative gestartet habe, heißt es aus dem Büro von Parteiobmann Reinhold Mitterlehner. Außerdem verweist man auf eine Arbeitsgruppe, die vergangenes Jahr ins Leben gerufen wurde: Dort arbeitet man etwa an einer Möglichkeit, Eingetragene Partnerschaften auf dem Standesamt zu ermöglichen.
Bei der Frage, ob man sich eine Volksabstimmung vorstellen könnte, ist aber auch die SPÖ noch unschlüssig. „Dazu gibt es jetzt keine Initiative“, heißt es. Man wolle vielmehr „auf politischer Ebene die ÖVP überzeugen und in der Koalition eine Entscheidung fällen“. Die Sozialdemokraten hätten sich zuletzt beim Bundesparteitag im Vorjahr klar für eine Ehe auch für schwule und lesbische Paare ausgesprochen.
Und die Opposition? Die ist in der Frage ebenfalls gespalten. Die FPÖ kann sich eine Volksabstimmung prinzipiell vorstellen. „Wobei es wichtigere Themen für eine Abstimmung gäbe“, sagt ein Sprecher. In Österreich würde das Votum auch anders ausgehen als in Irland, ist die FPÖ überzeugt. Warum? „Weil die Stimmung aufgrund von Song Contest und Life Ball in der Bevölkerung gekippt ist.“ Auch die Meinung der Freiheitlichen ist klar: sie sind gegen die Öffnung der Ehe. „Denn sie ist etwas zwischen Mann und Frau. Ihr Ziel ist es immer noch, Kinder zu zeugen.“ Das Argument, auch gleichgeschlechtliche Paare könnten Kinder adoptieren, gilt für die FPÖ nicht. Auch dagegen sei die Partei.
„Warum eigentlich nicht?“
Das Team Stronach kann sich ebenfalls ein Referendum vorstellen. „Warum eigentlich nicht?“, heißt es aus der Parteizentrale. Man trete immer für mehr Bürgerbeteiligung ein. Ob die Partei selbst für oder gegen die Ehe für alle ist, kann man allerdings nicht klar beantworten. Dazu gebe es viele verschiedene Sichtweisen. Parteigründer Frank Stronach sprach sich allerdings immer wieder für die Ehe für homosexuelle Paare aus: „Der Staat hat im Schlafzimmer nichts verloren.“
In diesem Punkt würden Grüne und Neos Frank Stronach wohl recht geben. Beide Parteien treten für die Öffnung der Ehe für Homosexuelle ein. Aber: Beide Parteien sind auch gegen ein Referendum.
„Eine Volksabstimmung sollte nicht durchgeführt werden, wenn die Politik nur zu feige zum Handeln ist“, meint der grüne Justizsprecher, Albert Steinhauser. Ein Plebiszit über Minderheitenrechte sei falsch. „In diesem Fall muss der Gesetzgeber einen notwendigen Schritt setzen.“ Ähnlich argumentiert man auch bei den Neos: Minderheitenrechte seien eine Materie, mit der man „sehr sensibel“ umgehen müsse. Eine Volksabstimmung sei nicht der richtige Weg. „Hier braucht es den Mut der Abgeordneten.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2015)