Altar für Hitler? Rechtlich kein Problem

Gesetze greifen erst bei öffentlicher Zurschaustellung von NS-Devotionalien.

WIEN. Wer daheim einen Altar für Adolf Hitler aufbaut, kann sich theoretisch entspannt davor zurücklehnen. Zumindest vor dem Gesetz kann nicht viel passieren. Und zwar solange hier keine öffentlichen Versammlungen abgehalten werden.

Ein Exotenthema? Mitnichten, wenn man die Zahl der Postings und Anfragen zu einem Artikel über den florierenden Handel mit NS-Relikten in der „Presse am Sonntag“ betrachtet. Aber zurück zum Altar: Strafbar nach dem Verbotsgesetz macht man sich erst durch das öffentliche Zurschaustellen einer derartigen Verherrlichung der NS-Zeit und ihrer Protagonisten.

Ähnlich sieht es mit Abzeichen, Uniformen oder Emblemen von in Österreich verbotenen NS-Organisationen – etwa der NSDAP oder der SS – aus: Auch sie dürfen gemäß Abzeichengesetz weder öffentlich getragen noch zur Schau gestellt werden. „Daheim im Schlafzimmer so etwas aufzuhängen, ist nicht verboten“, sagt Rechtsanwalt Michael Pilz. Nachsatz: „Wenn man glaubt, es sei lustig, so etwas zu machen.“

Doch was passiert, wenn am Flohmarkt SS-Abzeichen verkauft werden? „Dann wird eine Geldstrafe von 720 Euro fällig“, so Pilz. „Und die Abzeichen werden beschlagnahmt.“ Mit ein Grund, warum derartige Devotionalien meist unter dem Tisch gehandelt werden.

„Mein Kampf“ am Dachboden

Auf demselben Weg wandert auch immer wieder Adolf Hitlers „Mein Kampf“ über – oder besser: unter – den Ladentisch. Denn auch hier macht sich der Verkäufer laut Anwalt Pilz strafbar.

Wer nun auf dem großelterlichen Dachboden oder gar daheim in der eigenen Bibliothek ein Exemplar des Buchs entdeckt, muss sich allerdings keine Sorgen machen. Denn besitzen – und auch lesen – darf man „Mein Kampf“ schon. Kommentierte Ausgaben sowieso, aber auch das Original.

Doch wie sieht es rechtlich aus, wenn nicht NS-Devotionalien angeboten werden, sondern Judensterne, wie sie während der NS-Zeit zur Kennzeichnung getragen werden mussten? „Es mag pietätlos sein“, so Michael Pilz, „aber unters Verbotsgesetz fällt das nicht.“ Antiquitätenhändler, die den Stern in der Auslage haben, befinden sich juristisch also auf sicherem Boden.

Und moralisch? „Ich sehe kein Problem, mit solchen Dingen zu handeln“, sagt Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), „solange man darauf achtet, dass das nicht in irgendeiner Weise missverstanden wird.“ Ein wenig Ratlosigkeit klingt dann aber doch durch: „Ich wüsste nicht, wer so etwas kauft. Und was er damit macht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2009)

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