Goldenberg-Bande: Die Raubüberfälle eines Sportvereins

PROZESS GEGEN ´GOLDENBERG´-BANDE IN WIEN
PROZESS GEGEN ´GOLDENBERG´-BANDE IN WIEN(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Acht Mitglieder einer von Tschetschenen geführten Gruppierung standen als Räuber vor Gericht. Was als Sportverein begann, endete teilweise als kriminelle Vereinigung.

Wien. Die Führungsmitglieder und einige Mitläufer der in Wien-Favoriten groß gewordenen Goldenberg-Bande standen am Dienstag vor Gericht. Dabei ging es um mehr als um die Aufarbeitung von mehreren bewaffneten Raubüberfällen auf Supermärkte. Vielmehr rückte das Phänomen der Jugendbanden an sich in den Mittelpunkt. „Gewalttäter im Alter zwischen 16 und 23 Jahren“, so Staatsanwalt Leopold Bien allgemein, seien heutzutage besser strukturiert als früher. Und würden eher „in Gruppen“ auftreten. Soziale Medien würden dies begünstigen.

Tatsächlich stellt sich auch die Goldenberg-Bande als Gruppierung dar, die einen Teil ihrer Mitglieder und Sympathisanten via Facebook gewonnen hat. „Boss“ der Gang war und ist der 21-jährige Tschetschene Magamed M. Er nennt sich Max Goldenberg. Dieses Pseudonym soll an den Namen des Facebook-Gründers Mark Zuckerberg angelehnt sein. Auf der Straße erzählt man sich auch die Geschichte, M. nenne sich so, weil ein Berg in seinem Heimatland durch das Sonnenlicht einen goldenen Glanz annehme. Wie dem auch sei: Die Goldenberg-Mitglieder sind als Sport- und Kulturverein organisiert. Die positive Seite (nein, bei Weitem nicht alle der schätzungsweise 150 Gefolgsleute sind kriminell): Junge Menschen, die als Flüchtlinge ohnedies wenig Hoffnung auf Erfolg und Anerkennung in Österreich sehen, sollen das Gefühl des Zusammenhalts bekommen. Der Sport, etwa Ringen, sollte die gemeinsame Klammer für alle (großteils männlichen) Jugendlichen sein. Und war es in gewissem Grad auch. Die negative Seite: Es entstand eine schwerst kriminelle „Zweigstelle“ innerhalb der Gruppierung.

So erzählte der 21-jährige D., der Obmann des Sportvereins, am Dienstag seinem Richter Daniel Rechenmacher: „Das erbeutete Geld habe ich zum Fortgehen und Drogenkaufen verwendet.“ Drogen? An dieser Stelle gab sich der Richter erstaunt: „Das passt aber so gar nicht zum Obmann eines Sportvereins. Genau das sollte doch ein Sportvereinsobmann nicht verkörpern.“ Und wie passe dies zum Image, das der als charismatisch beschriebene Bandenboss M. eigens aufgebaut hat? (Etwaiges Charisma ließ der junge Mann zumindest im Gerichtssaal nicht erkennen, dafür lachte er ständig.) „M. durfte das nicht wissen“, so D.

Hier hatte der Richter wieder seine Zweifel: Dass exzessiver Drogenkonsum – D. erklärte, er habe fast täglich Kokain, Heroin oder MMC (Mephedron, ähnlich wie ein Ecstasy-Kokain-Gemisch) konsumiert – dem „Boss“ nicht aufgefallen sei? „Schwer zu glauben.“

Die konkreten Vorwürfe an den zweifach einschlägig vorbestraften M.: Beteiligung an drei Raubüberfällen in Form von Besprechungen zum Ablauf dieser Taten (dass er dann auch bei den Überfällen dabei war, wird ihm nicht angelastet). Ferner: schwere Erpressung, Körperverletzung sowie ein Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz und ein solcher gegen das Waffengesetz. M., vertreten durch Anwalt Timo Gerersdorfer, bekennt sich nur teilweise schuldig, bei den Rauben will er nicht mitgemischt haben. Diese wurden von Tätern verübt (darunter zweimal auch D.), die mit Gaspistolen bewaffnet und maskiert waren. Und zwar, laut Anklage, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung. Einer der jungen Männer trug eine Eishockey-Maske, die den Richter an einen „amerikanischen Horrorfilm“ erinnerte.

Erste Urteile: Haftstrafen

Am Dienstagnachmittag gab es dann die ersten, teils nicht rechtskräftigen Urteile: vier Jahre Haft für D. wegen zweier Supermarkt-Überfälle. Ebenfalls vier Jahre für einen 21-Jährigen wegen Beteiligung an einem vollendeten und einem versuchten Raub. 18 Monate Haft, davon 17 Monate bedingt, bekam ein 19-Jähriger wegen Beihilfe zu einem Raub. Für den Großteil der Angeklagten, fünf Personen, darunter Magamed M., geht die Verhandlung am Dienstag weiter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2015)

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