China-Flaute macht Autoaktionären Sorge

(c) APA/EPA/WU HONG
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Im ersten Quartal bescherte die Euroschwäche den deutschen Autoherstellern starke Kurszuwächse. Schuld am jüngsten Rückgang ist jedoch nur zum Teil der wiedererstarkte Euro.

Wien. Im ersten Quartal haben die deutschen Autohersteller ihren Aktionären große Freude bereitet. Dank der Euroschwäche hatten sich die exportstarken Konzerne Volkswagen, BMW und Daimler an die DAX-Spitze katapultiert.

Die drei Hersteller erwirtschaften mehr als 60 Prozent ihres Umsatzes außerhalb Westeuropas, wie aus einer Studie von EY im Auftrag des deutschen Verbands der Automobilindustrie hervorgeht. Dank der schwachen Gemeinschaftswährung schaffte Daimler unter den Autoherstellern das weltweit stärkste Gewinnwachstum im ersten Quartal: Der Stuttgarter Autobauer steigerte seinen operativen Gewinn um 63 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 2,9 Mrd. Euro. Auch VW und BMW präsentierten neue Rekordzahlen. Die VW-Kernmarke schwächelt indes.

Quartalsplus schmolz dahin

Seit April ist der Euro jedoch wieder einigermaßen erstarkt; die Gewinne der Autoaktionäre sind etwas dahingeschmolzen. So liegt die VW-Vorzugsaktie seit Jahresbeginn zwar noch 15 Prozent im Plus, gegenüber dem Hoch im März hat sie jedoch um 17 Prozent nachgegeben. BMW bringt es seit Jahresbeginn auf einen Kursanstieg von zehn Prozent, gegenüber März büßte die Aktie jedoch fast 20 Prozent ein. Daimler hat sich seit Anfang Jänner um fast ein Fünftel verteuert, seit März ist der Kurs jedoch um 13 Prozent gefallen.

Der Euro ist allerdings nur ein Grund für die relative Ernüchterung im zweiten Quartal. Der andere ist China: Der dortige Automarkt verliert an Schwung. Im Mai stiegen die Pkw-Auslieferungen im Vergleich zum Vorjahr „nur“ noch um 3,8 Prozent auf 1,57 Millionen, wie aus Daten des chinesischen Automobilverbands hervorgeht. Das ist die niedrigste jemals in einem Mai gemessene Wachstumsrate. Die Chinesen investierten ihr Geld lieber in Aktien als in Autos, erklärten die chinesischen Autoexperten. Tatsächlich ist der chinesische Aktienindex Shanghai Composite allein seit Jahresbeginn um 50 Prozent gestiegen. Auch Kaufbeschränkungen für Autos wegen der hohen Luftverschmutzung bremsen den Autoabsatz.

Laut der EY-Studie arbeitet das Land auch mit Erfolg daran, heimische Automarken voranzubringen, während die Margen der deutschen Autohersteller sinken.

Einige Analysten betrachten die Aktien der deutschen Hersteller nun mit Skepsis. Die US-Investmentbank Morgan Stanley etwa sieht für VW ein Kursziel von 190 Euro (die Aktie kostete zuletzt etwa 210 Euro). Die Umsätze würden sich mit dem nun auch in China nachlassenden Markt weiter abschwächen, hieß es. Und die Erholung in Europa erscheine bestenfalls fragil. Die Analysten der britischen Investmentbank HSBC sahen nach einem Besuch bei Autohändlern in Shanghai ihre Befürchtungen bezüglich der Entwicklung des chinesischen Automarkts bestärkt. Von Volkswagen und seiner Tochter Audi waren sie am wenigsten beeindruckt.

Optimistischer ist die Deutsche Bank, die allen drei Herstellern eine Kaufempfehlung verpasst. Von den drei deutschen Premiumherstellern Audi (gehört zu VW), BMW und Mercedes (Daimler) habe die Daimler-Tochter sowohl im Mai als auch im bisherigen Jahresverlauf den klar höchsten Absatzzuwachs verzeichnet. In den kommenden Quartalen sollten BMW und Audi mit einer Modelloffensive aber an Dynamik zulegen.

Die französische Konkurrenz profitierte davon, dass sich die Nachfrage in Europa erholt. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres setzten die Autobauer in Frankreich auf vergleichbarer Basis um 5,8 Prozent mehr Neuwagen ab als vor einem Jahr, gab der französische Branchenverband CCFA bekannt. Das leichte Wiedererstarken des Euro konnte den dortigen Autoherstellern daher weniger stark zusetzen. Zudem haben die französischen Produzenten starken Nachholbedarf. Allen voran Peugeot Citroën, der eine schwere Krise hinter sich hat und dessen Aktie auf Fünfjahressicht noch immer im Minus liegt. Dank einer Milliardenspritze durch die chinesische Dongfeng und den französischen Staat, die beim angeschlagenen Autohersteller über eine drei Milliarden schwere Kapitalerhöhung eingestiegen sind, ist die schlimmste Gefahr vorerst gebannt. Allein seit Jahresbeginn hat die Peugeot-Aktie um 76 Prozent zugelegt, jene des Konkurrenten Renault verteuerte sich um 53 Prozent. Sieht man von den vergangenen Tagen ab, als die Grexit-Ängste fast alle Aktien in Turbulenzen brachten, ging es mit den französischen Autoaktien seit Jahresbeginn kontinuierlich nach oben. Den März-Knick, der sich bei der deutschen Konkurrenz zeigt, gibt es bei ihnen nicht.

Das ruft jedoch die Skeptiker auf den Plan. Die Schweizer Großbank UBS rät, Peugeot-Aktien zu verkaufen, und sieht ein Kursziel von zwölf Euro. Dafür müsste die Aktie um ein Drittel nachgeben. Der Autobauer sei gegenüber einer Abschwächung in China nicht vollständig immun. Auch außerhalb Chinas seien die Absatzzahlen anhaltend schwach. Ende Mai hat die Deutsche Bank den französischen Hersteller noch zum Kauf empfohlen und auf das gute Vorankommen in China verwiesen.

Schwacher Yen hilft Toyota

Auf Platz eins der Autohersteller bei Umsatz, Gewinn und Absatz liegt jedoch Toyota. Der japanische Hersteller profitiert von der lockeren Geldpolitik der japanischen Notenbank und der Yen-Schwäche. Im ersten Quartal verkaufte Toyota laut EY 2,5 Millionen Autos, etwas weniger als vor einem Jahr. Die Aktie hat seit Jahresbeginn „nur“ um neun Prozent auf Yen-Basis oder sechs Prozent auf Eurobasis zugelegt. Seit fünf Jahren beläuft sich das Plus jedoch auf 100 Prozent (auf Eurobasis), das ist in etwa so viel wie bei der deutschen Konkurrenz. [ iStockphoto ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2015)

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