Otto Schenk trauert: „Mein halbes Theaterleben ist weg“

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Bundespräsident Fischer würdigt Lohner als „hinreißend“. Direktor Föttinger beklagt den „unersetzbaren Verlust für die Josefstadt“.

Tief betroffen reagierte Otto Schenk auf das Ableben seines Freundes und Kollegen Helmuth Lohner: „Mein halbes Theaterleben ist weg. Ich habe keinen Partner, der auch nur so ähnlich ist.“ Ihr Zusammenleben sei ein ständiges Miteinander-Theaterspielen gewesen: „Ich kann das Loch gar nicht schildern, das er jetzt in mein Leben reißt.“

Zuletzt hat Schenk im Frühjahr 2015 mit Lohner als Regisseur gearbeitet. Die Krankheit sei wie ein Damoklesschwert über Lohner geschwebt, sagte Schenk, sie habe aber die Proben nicht beeinträchtigt: „Er wurde nicht müde, er hat nicht ein einziges Mal eine Stunde früher aufgehört.“ Sein Einfallsreichtum, seine Behutsamkeit und Führungskraft seien beispielgebend gewesen, er sei bis zum Schluss auch vergnügt gewesen: „Wir konnten miteinander lachen und blödeln. Es war fast die Sprache von Zwillingen, die wir miteinander geführt haben. Ich weiß gar nicht, wie man das Leben gestalten soll, wenn dauernd die Freunde von einem gehen.“ Lohner habe „eine zurückhaltende und nachdenkliche Seite gehabt, aber er war überhaupt nicht zu orten, er war ein Mysterium. Er war ganz offen. Er war ein Mann aus dem Volk und konnte fabelhaft Aristokraten spielen. Er war ein Genie und ein Urtalent. Er hat so viele Geheimnisse in sich gehabt. Er war für manche ein Schüchterner und Gequälter, für andere ein Streiter, für die anderen ein Kämpfer und für wieder andere ein Verzichter und ein Streber – alles zugleich.“

Bundespräsident Heinz Fischer würdigte Lohner als „hinreißenden Schauspieler, als Regisseur, Theaterdirektor und Mensch der Kultur“. Er habe viele Menschen begeistert und dem kulturellen Leben starke positive Impulse gegeben: „Darüber hinaus war er ein besonders liebenswürdiger Mensch.“

Dieser Tod sei ein „unersetzbarer Verlust für die Josefstadt und das ganze deutschsprachige Theater“, hieß es in einer ersten Erklärung von Direktor Herbert Föttinger, „ein großer Schmerz für alle, die ihn kennen und ihm nahe standen“. Helmuth Lohner sei ein hinreißender Darsteller feinnerviger Charaktere gewesen, ein Sprachkünstler, dessen Präzision, Fantasie und Hingebungskraft bewundert wurde. Abseits der Bühne sei er ein bescheidener Mensch feiner Gesinnung gewesen, der als Direktor der Josefstadt für Toleranz, Mitmenschlichkeit und Güte stand.

Unvergleichlich auch in der Oper

In der Wiener Staatsoper zeigte man sich betroffen: „Ich bin tieftraurig über den Tod von Helmuth Lohner. Für mich war und bleibt er ein Eckstein des österreichischen Kulturlebens, ein umfassender Theatermensch“, hieß es von Direktor Dominique Meyer in einer Aussendung. Der Verstorbene habe neben seinem Vermächtnis im Sprechtheater und im Film auch „als Darsteller und Regisseur das Musiktheater geprägt und nicht zuletzt mit seiner unvergleichlichen Personifikation von Wiener Bühnentypen à la Frosch oder ,Ariadne‘-Haushofmeister auch Staatsopern-Geschichte geschrieben“. Meyer beschreibt ihn als „stets freundlichen, bescheidenen und tiefgründigen Gesprächspartner“.

An der Staatsoper hatte Lohner zu Silvester 1979 als Frosch in der Premiere von Otto Schenks Inszenierung der „Fledermaus“ debütiert. Bis zu seinem letzten Auftritt im Haus am Ring Anfang 2011 verkörperte er diese Rolle insgesamt 31-mal. Mit seinen Auftritten als Haushofmeister in „Ariadne auf Naxos“ und als Freitag in „Un re in ascolto“ war Lohner insgesamt an 45 Abenden an der Staatsoper zu erleben. (APA/red)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2015)

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