Die manchmal kapriziöse Capra

Neugierige Ziege
Neugierige ZiegeDie Presse
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Ziegen sind nicht ganz einfach zu halten. Vor allem in Notzeiten hatten sie hierzulande Bedeutung.

Der lateinische Name führt einen bereits auf die Spur: Kapriziös ist die Capra bisweilen. Also nicht ganz einfach zu halten, sagt Wilhelm Friedrich Knaus von der Wiener Universität für Bodenkultur. Die Hörner, der Bewegungsdrang, die Geschicklichkeit – und dann noch die Tatsache, dass sie beim Fressen mitunter wählerisch ist: „Mit dem schlanken Maul und der langen Zunge kann sie sich zwar auch die versteckten Pflanzenteile und -reste holen und in kargen Gegenden überleben – aber auf der Weide holt sich die Ziege, wenn sie kann, nur das Feinste.“

In Österreich spielt die Ziege heute eine untergeordnete Rolle: Gut 70.000 Ziegen stehen rund 360.000 Schafen, zwei Millionen Rindern und drei Millionen Schweinen gegenüber. Das war nicht immer so: Für die ärmere Bevölkerung hatte die Ziege auch in Österreich vor allem in kargen Zeiten eine Bedeutung, weil sie eben – wenn es sein muss – auch genügsam ist: „Früher war es beispielsweise ganz typisch, dass etwa die Bahnwärter entlang der Schienen neben ihrem Wärterhäuschen ein paar Ziegen hielten“, schildert Knaus. Nicht umsonst spricht man von der Ziege als der Kuh des kleinen Mannes. „Oder der kleinen Frau.“


Regen mag sie nicht. International habe die Ziege jedoch zahlenmäßig zugelegt, sagt Knaus – nicht zuletzt wegen ihrer Anpassungsfähigkeit, bei der sie andere Wiederkäuer, wie Schaf und Kuh, klar übertrifft. Ob heiß und trocken wie im Orient und in Nordafrika oder kalt wie am Polarkreis: Die Ziege kommt mit fast allen klimatischen Bedingungen zurecht – außer mit Regen. Weil sie kein Lanolin produziert, reagiert sie eher empfindlich auf Nässe. Kein Wunder: Wenn kein Wollwachs vorhanden ist, perlt das Wasser nicht ab – und das Fell wird nass.

Die Ziege gehört zu den ältesten Nutztieren des Menschen. Sie stammt vom Steinbock ab, domestiziert wurde sie vor rund 10.000 Jahren im Südwesten Asiens – in der Gegend des heutigen Iran, Irak und Anatoliens –, von wo sie sich dann über den Globus ausbreitete, so Knaus. „Schon die alten Ägypter haben die Ziege als Fleischtier gehalten – und man glaubt auch, dass sie sie schon gemolken haben.“

Was das Thema Milch nicht ganz einfach macht – und auch nicht gerade effizienter –, ist die Tatsache, dass die Ziege im Gegensatz zur Kuh ein saisonales Tier ist. Das heißt: Sie bekommt ihre Jungen nicht irgendwann im Jahr, sondern immer im Spätwinter, ungefähr zwischen Jänner und März. Und gibt dann auch nur bis wenige Monate vor der nächsten Geburt Milch. (beba)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2015)

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