Studie fordert Steuerwettbewerb wie in der Schweiz

Die Schweiz profitiert von der Steuerautonomie für die Bundesländer.
Die Schweiz profitiert von der Steuerautonomie für die Bundesländer.(c) Bilderbox
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In Österreich sind die Kosten für die Steuerverwaltung wesentlich höher als in der Schweiz. Denn im Nachbarland gibt es eine Steuerautonomie für die Bundesländer.

Wien. Spätestens nach dem Hypo-Desaster mehren sich die Stimmen, den Föderalismus abzuschaffen. Denn die Kärntner Haftungen und der Größenwahn von Ex-Landeshauptmann Jörg Haider waren die Ursachen für das Debakel. Heute müssen alle Österreicher für den Schaden aufkommen. Daher sprechen sich immer mehr Experten dafür aus, die Macht der Bundesländer einzuschränken.

Der Thinktank Agenda Austria vertritt eine andere Position. Franz Schellhorn, Leiter von Agenda Austria, plädiert für die Einführung „eines echten Wettbewerbsföderalismus“ nach Schweizer Vorbild. Denn die kleinteiliger organisierte Schweiz werde „deutlich günstiger“ verwaltet als Österreich.

Laut OECD-Vergleich liegen in der Schweiz die Kosten für die Steuerverwaltung nur bei 0,032 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Schweiz ist damit deutlich effizienter als alle anderen untersuchten OECD-Länder. In Österreich dagegen liegen die Kosten für die Steuerverwaltung bei 0,26 Prozent des BIPs.

Das Besondere an der Schweiz ist, dass dort die Kantone (Bundesländer) für die Steuerverwaltung zuständig sind. Sie heben für den Bund und die Gemeinden Abgaben ein und überweisen einen Teil des Aufkommens. „Echter Wettbewerbsföderalismus bedeutet mehr Freiheit für Länder und Gemeinden“, sagt Professor Christian Keuschnigg von der Universität St. Gallen, die am Donnerstag mit der Agenda Austria dazu eine Studie präsentiert hat.

Für fiskalischen Wettbewerb

Würden in Österreich die Bundesländer Steuern einheben, träten sie laut Keuschnigg „mit einem Bündel von Leistungen und unterschiedlicher Steuerbelastung in einen fiskalischen Wettbewerb.“ Dies könnte eine „stärker auf die lokalen Verhältnisse zugeschnittene Politik ermöglichen“.

Was würde nun passieren, wenn Österreich das Schweizer System übernähme? Welche Bundesländer könnten profitieren? Gravierend wären die Auswirkungen bei der Körperschaftsteuer, die derzeit bei 25 Prozent liegt.

Die Studie plädiert für einen Umbau des Steuersystems in mehreren Schritten: Vorgeschlagen wird, dass der Bund einen KöSt-Satz von 20Prozent erhebt. Der Rest ist Ländersache. Um in Wien dasselbe Steueraufkommen wie bisher zu erzielen, würde ein Zuschlag von 2,5 Prozent genügen, und die Gesamtbelastung läge bei 22,5 Prozent. Gut abschneiden würden auch Salzburg, Vorarlberg und Oberösterreich (siehe Grafik).

Versteckte Umverteilung

Auf der Verliererseite würde das Burgenland mit einer KöSt-Gesamtbelastung von 37 Prozent liegen. „Derzeit gibt es eine versteckte Umverteilung“, so Keuschnigg. Ähnlich ist die Situation bei der Lohn- und Einkommensteuer. Hier würden Wien, Niederösterreich und Vorarlberg zu Beginn von der Finanzautonomie profitieren. Schlechter wäre die Ausgangslage für Kärnten, die Steiermark und das Burgenland. Daher schlägt Keuschnigg vor, dass es bei einer Umstellung des Steuersystems in der Anfangsphase einen solidarischen Finanzausgleich geben soll. Damit würden alle Bundesländer die gleichen Startbedingungen haben.

Spannend ist für Keuschnigg dann die Frage, wie die schwächeren Bundesländer die Steuerautonomie zu ihren Gunsten nutzen könnten, um ihre Standortnachteile zu kompensieren. Das wird auch in der Schweiz erfolgreich praktiziert. „Entscheidend ist nicht die Höhe der Steuer, sondern das Gesamtpaket“, so der Professor. So könnte ein Bundesland seinen Steueraufschlag verringern, um attraktiver für neue Betriebe und Arbeitnehmer zu sein. Die wegfallenden Steuereinnahmen könnten durch einen stärkeren Zuzug oder durch Einsparungen im Landesbudget kompensiert werden.

Genauso könnten Länder ihre Zuschläge erhöhen, um die Gesundheitsversorgung und das Angebot an Schulen und Kindergärten auszubauen.

AUF EINEN BLICK

Die Agenda Austria ist für einen Wettbewerbsföderalismus und eine Steuerautonomie für die Bundesländer. Das wird bereits in der Schweiz erfolgreich praktiziert. Sollte die Steuerautonomie eingeführt werden, müsste der Finanzausgleich in der Anfangsphase solidarisch gestaltet werden, „damit keine Verlierer zurückbleiben“, so Christian Keuschnigg von der Universität St. Gallen, die mit Agenda Austria dazu eine Studie veröffentlichte. Schließlich gebe es im jetzigen System eine „versteckte Umverteilung“. In einem weiteren Schritt geht es darum, wie die schwächeren Bundesländer die Steuerautonomie zu ihren Gunsten nutzen, um ihre Standortnachteile zu kompensieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2015)

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