Neonazi-Aktion in Ebensee: U-Haft für zwei 16-Jährige

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Ebensee(c) AP (Rubra)
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Über zwei Rädelsführer der Störaktion im ehemaligen Konzentrationslager Ebensee wurde die U-Haft verhängt. Es besteht laut Staatsanwaltschaft Wiederholungsgefahr. Ein dritter Jugendlicher wurde enthaftet.

LINZ/WIEN. Über zwei der fünf Jugendlichen, die für die Neonazi-Störaktion vom vergangenen Samstag im ehemaligen KZ Ebensee verantwortlich sind, wurde am Mittwochabend die Untersuchungshaft verhängt. Die Staatsanwaltschaft Wels hat sich mit ihrer Argumentation, bei den beiden 16-Jährigen bestehe Wiederholungsgefahr, durchgesetzt.

Sie verweist – entgegen den ursprünglichen Ansätzen der Polizei – auf eine eventuell schon längere Befassung mit der NS-Zeit. Zuletzt saßen drei Verdächtige auf Anordnung der Anklage in Verwahrungshaft. Der dritte Jugendliche, ein 14-Jähriger, wurde enthaftet.

Die drei Burschen, die Dienstagabend verhaftet wurden, gelten als Rädelsführer der Gruppe. Ihre Inhaftierung kam überraschend, denn bis dahin hatten die Ermittler betont, dass die Schüler und Lehrlinge aus purer Lust an der Provokation gehandelt hätten: also die Hand zum Hitlergruß gehoben, „Sieg Heil“ geschrien und mit Soft-Gun-Projektilen französische Gäste der Gedenkfeier im ehemaligen Konzentrationslager verletzt hätten.

Die Verhängung der U-Haft über die beiden Burschen lässt nun den Schluss zu, dass es doch einen ideologisch geprägten Hintergrund gibt. Es ist auch davon auszugehen, dass die Anklagebehörde in dem Fall strenge Maßstäbe anlegt bzw. anlegen muss, ist doch durch das weltweite Medienecho ein beträchtlicher Imageschaden für Österreich entstanden.

Der Leiter der Staatsanwaltschaft Wels, Franz Haas, sagte zur „Presse“, dass in den kommenden Tagen noch mehr Jugendliche zu den Vorfällen einvernommen werden sollen: Außer den Mittätern seien auch „weitere Jugendliche aus dem Umfeld der Beschuldigten zu vernehmen“. Mit ihnen habe es immer wieder Treffen gegeben, und „die Beweismittel sprechen dafür, dass Mitglieder der Gruppe schon länger mit der NS-Ideologie befasst waren“.

Verdacht: Es gab Hintermänner

Fest steht auch, dass die Jugendlichen in den ungesicherten Stollen in Ebensee schon länger Schießübungen und Treffen veranstaltet hatten. Auch die Möglichkeit verdeckter Hintermänner, die die Jugendlichen für rechtsextreme Themen zu begeistern versuchen, wird nun geprüft. Nach der Auflösung des Bundes Freier Jugend versucht vor allem die NVP, die rechtsextremen Strömungen zu einen. Auch auf dieser Ebene der größeren Neonazi-Netzwerke werde laufend ermittelt, sagt der oberösterreichische Sicherheitsdirektor Alois Lißl.

Die Gruppe der Beschuldigten aus Ebensee selbst sei zwar bisher noch nicht für die Behörden auffällig in Erscheinung getreten, das heiße aber nicht, dass sie nicht einschlägig vorbelastet seien, erklärt Behördenleiter Haas.

Derzeit wird hauptsächlich in Richtung des Paragrafen 3g des Verbotsgesetzes ermittelt, also wegen einer Erscheinungsform der nationalsozialistischen Wiederbetätigung, die an sich mit zehn Jahren Haft bedroht ist – bei Jugendlichen reduziert sich das Höchstmaß allerdings auf fünf Jahre.

Indessen fordert Grünen-Chefin Eva Glawischnig eine Entschuldigung Österreichs bei den Teilnehmern der Gedenkfeier. Das Schweigen sei beschämend. Eine Reaktion des Innenressorts gibt es nun zumindest auf die Forderung, den Ex-Ku-Klux-Klan-Führer David Duke aus Österreich auszuweisen. Der Mann sei legal als Tourist eingereist, heißt es, man könne ihn nicht einfach ausweisen.

Auf einen Blick

Über zwei Rädelsführer der Störaktion im ehemaligen Konzentrationslager Ebensee wurde am Mittwoch die U-Haft verhängt. Bei den 16-jährigen besteht laut Staatsanwaltschaft Wiederholungsgefahr. Ein dritter Jugendlicher wurde enthaftet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2009)

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