Die Universität Innsbruck kämpft mit eklatantem Platz- und Personalmangel. Haupt- und Medizin-Uni platzen aus allen Nähten. Nun wird überall gebaut.
Innsbruck. Karlheinz Töchterle ist Rektor und Polier in Personalunion. Denn der Universitätsstandort Innsbruck gleicht einer gewaltigen Baustelle: Im Herbst wird die neue Uni-Bibliothek am Innrain fertiggestellt. Gleich nebenan laufen die Renovierungsarbeiten am in die Jahre gekommenen GEIWI-Turm auf Hochtouren. Ein paar hundert Meter weiter steht bereits das Fundament des „erweiterten Campus Innrain“ – des neuen Heims der Pharmazie, Chemie und theoretischen Medizin. Im Westen Innsbrucks, am Campus der Technischen Fakultät, werden in absehbarer Zeit ebenfalls die Bagger auffahren. „In den nächsten sechs Jahren entsteht hier das neue „Haus der Physik“, wie Rektor Töchterle gegenüber der „Presse“ bestätigt. Das Ministerium habe bereits grünes Licht für den Neubau gegeben. Kein Wunder, dass das Geld hierbei locker sitzt: Soll das Haus der Physik doch den Innsbrucker Quantenphysikern, dem Aushängeschild der Alpen-Alma-Mater, als neue Heimstätte dienen. Und die werden, glaubt man Insidern, als frisch gebackene Nobelpreisträger in ihr neues Haus einziehen.
Nur eine akademische Baustelle ist vorerst vom Tisch, wie Töchterle wehmutig einräumt: „Das Projekt Kunstfakultät Innsbruck ist gestorben.“ Die Ressourcen, die dafür bereits in der Leistungsvereinbarung mit dem Bund vorgesehen waren, fließen nun in das Projekt „ArchiMeDes“ – einem Ausbau der Architekturfakultät. Dort werden die neuen Studienzweige Raum- und Landschaftsplanung, Innenraumgestaltung sowie ein eigener Medienmaster das Angebot ergänzen.
Rektor Töchterle ist damit zufrieden. Sein erklärtes Ziel ist es, „den Hochschulstandort Innsbruck als Volluniversität zu erhalten“. Begriffe wie „Orchideenfächer“ widerstreben dem Philologen, der als einstiger Leiter des Instituts für Sprachen und Literaturen gegen die Sparpläne seines Vorgängers im Rektorenamt Sturm gelaufen war. „Ich will so viele Orchideen wie möglich blühen lassen.“
Doch die Universität Innsbruck kämpft mit eklatantem Platz- und Personalmangel. Bis 2015 stehen rund 50 Neuberufungen an. Zugleich steigt die Zahl der Studierenden stetig – derzeit sind es an der Haupt-Uni rund 23.000 Studenten sowie knapp 4.000 auf der Medizin-Uni. Zweitere ist seit 2004 eigenständige Universität, kämpft mit denselben Infrastrukturproblemen wie die Haupt-Uni und macht zudem mit internen Streitigkeiten von sich reden.
Im Herbst sieht Töchterle schwere Zeiten auf sich zukommen: „Wir rätseln derzeit über die zu erwartende Zahl deutscher Numerus-clausus-Flüchtlinge und wie wir damit umgehen sollen.“ Eine deutsche Studentin, die an der Innsbrucker Psychologie im Rahmen der Zugangsbeschränkungen abgelehnt wurde, hat Klage gegen die Universität eingereicht.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2009)