Uniklinik Graz: Rohrbrüche und Kooperationen

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„Wir haben gelernt, mit der Katastrophe zu leben“, kommentiert Chirurgie-Vorstand Karlheinz Tscheliessnigg die Serie von Unzulänglichkeiten. Seit Jahren warnt er vor einem Totalkollaps.

Graz/Leoben. Der letzte Rohrbruch liegt erst zwei Wochen zurück. Aus der Decke im Eingangsbereich ist auf einmal Wasser getropft. In der Chirurgieabteilung der Grazer Universitätsklinik gehören solche Zwischenfälle mittlerweile zum Alltag. Der letzte große Rohrbruch liegt knapp einen Monat zurück, vor drei Jahren „regnete“ es nach dem bisher schwersten Zwischenfall mit einer lecken Abwasserleitung sogar Fäkalien in die Intensivstation. Dazu kommen fingerdicke Risse in den Wänden und ein eklatanter Platzmangel in Patientenzimmern sowie in den Dienst- und Ausbildungsräumlichkeiten der Ärzte.

„Wir haben gelernt, mit der Katastrophe zu leben“, kommentiert Chirurgie-Vorstand Karlheinz Tscheliessnigg die Serie von Unzulänglichkeiten. Seit Jahren warnt er vor einem Totalkollaps, seit Jahren erntet er von der Bundes- und Landespolitik nur Vertröstungen.

Weiter strittig ist die Höhe der Bundesbeteiligung am 180-Millionen-Euro-Neubauprojekt. Aktuell hört man – wieder einmal – von vorsichtigen Annäherungen. Der Konflikt begleitet und überschattet die wissenschaftliche Arbeit der Grazer Medizin-Universität seit ihrer Abspaltung von der Karl-Franzens-Universität Anfang 2004.

Dort, an der mit über 22.000 Studierenden größten Grazer Universität, hat man sich nach dem Abschied der Medizin auf eine intensivere Zusammenarbeit mit der Technischen Universität konzentriert. Die „Nawi“, eine enge Kooperation im Bereich der Biowissenschaften, gilt als österreichweites Vorzeigeprojekt für ein gelungenes Ausnützen der Freiräume, die die Autonomie den Unis eingeräumt hat. Doppelgleisigkeiten wurden abgeschafft. So gibt es in Graz nur noch ein (gemeinsames) Chemie-Studium.

Für Kopfzerbrechen sorgt dagegen die bürokratische Abwicklung der Rückforderungen der Studiengebühren. Mehr als 1000 Fälle wurden bisher positiv behandelt. Über die Studiengebühren flossen zuletzt 14Millionen Euro ins 170-Millionen-Budget der KF-Uni Graz.

An der Technischen Universität betrug der Wegfall der Studiengebühren sieben Millionen Euro. Rektor Hans Sünkel positionierte sich im vergangenen Spätsommer als harscher Gegner der Abschaffung und plädierte im Gegenzug für eine Erhöhung bei gleichzeitigem Ausbau des Stipendienmodells. Es blieb beim Wunsch. Sünkel kann sich mit einem neuen Rekord bei der Lukrierung von Drittmitteln trösten. Mit 47 Millionen Euro konnte die Grazer TU diese Geldquelle binnen fünf Jahren verdoppeln. Die Mehreinnahmen mussten allerdings Reduzierungen im vom Bund zur Verfügung gestellten Globalbudget abfangen.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Debatte um den Ausstieg aus dem CERN-Programm – „das war eine verwegene Idee“, ätzt Sünkel – warnt er vor einer weiteren Budgetverknappung. „Für die Finanzierung jener 20 Millionen Euro, die für die CERN-Beteiligung notwendig sind, bleiben wohl nur die Universitäten übrig“, fürchtet er.

Der TU-Rektor schlägt daher gegenüber der „Presse“ vor, die Unis zu einem Non-Profit-Sektor innerhalb der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) zu machen. Konkret sollen die Gewinne, die die staatseigene (BIG) mit den Miteinnahmen der Unis macht (laut Sünkel just 20 Millionen Euro), direkt in das CERN-Programm fließen.

Frauenquote steigt

Was die Grazer TU mit der Montanistischen Universität in Leoben verbindet, sind zum einen die intensiver werdenden Kooperationen mit der Wirtschaft, zum anderen die maskuline Dominanz bei Lehrenden und Studierenden. „Aber es entwickelt sich“, heißt es da wie dort. An der Montan-Uni liegt die Frauenquote bei Studienbeginnern bei über 25 Prozent, an der TU gibt es bei den Studierenden insgesamt 27 Prozent Studentinnen. „Unsere Traummarke wären 30 Prozent“, sagt Sünkel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2009)

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